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Berichte aus Ungarn
Ministerpräsident Gyurcsány kündigt Rücktritt an
Nach der Wirtschaftskrise nun Regierungskrise
Völlig überraschend hat der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány bei einem Parteitag der MSZP am 21. März in Budapest seinen Rücktritt abgekündigt. »Das Land braucht eine neue Regierung und einen neuen Ministerpräsidenten,« erklärte Gyurcsány. MSZP verhandelt nun mit den anderen Parteien über die Aufstellung einer Expertenregierung. Die konservative Oppositionspartei Fidesz fordert allerdings Neuwahlen.
Die Ankündigung des Rücktritts kam für die Delegierten des Parteitags wohl überraschend. Sie hatten damit gerechnet, dass Gyurcsány seine Pläne für die Bekämpfung der Krise bekanntgeben würde. Gyurcsány rechtfertigte seinen Rücktritt mit der fehlenden Unterstützung in Politik und Gesellschaft. Er habe seiner Partei vor einem Jahr gesagt, dass es personelle Konsequenzen zu geben hätte, sollten sie in einem Jahr nicht beliebter sein. Inzwischen seien er und die Regierung unbeliebter denn je. Für die Bewältigung der Krise bräuchte man aber größeren politischen und gesellschaftlichen Rückhalt. »Viele sagen, dass ich für die Reformen und für eine stabile Regierung ein Hindernis sei. Ich werde jetzt dieses Hindernis aufheben«, so Gyurcsány. Er ist bereit in der Zukunft unpopuläre Maßnahmen zu unterstützen, um dem Land aus der Krise zu helfen.
Der Ministerpräsident schlug als Zeitplan vor, dass er sich am 7. April einem konstruktivem Misstrauensvotum, bei dem ein neuer Regierungschef vorgeschlagen werde. Am 14. April soll dann die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen.
Die Verhandlungen über eine neue Regierung wurden von der MSZP bereits aufgenommen. Die Sozialisten, die alleine nicht über die nötige Mehrheit im Parlament verfügen, suchen Partner unter den Oppositionsgruppierungen. Gute Chancen haben sie bei den Liberalen. Bis vor einem Jahr hatten sie mit der SZDSZ bereits eine Koalition. Die Freien Demokraten haben sich bereit erklärt, eine Expertenregierung zu unterstützen, eine neue Koalition lehnte aber Parteichef Gábor Fodor ab: »Wenn wir einen authentischen und glaubwürdigen Ministerpräsidenten finden, wenn die neue Regierung ein gutes Programm vorlegt, dann kann die neue Regierung mit unserer Unterstützung rechnen.« Darunter verstehen die Liberalen härtere Sparmaßnahmen und tiefgreifende Reformen.
Der frühere Finanzminister Lajos Bokros hat sich schon am 23. März für das Amt des Ministerpräsidenten angeboten.
Fidesz forderte stattdessen vorgezogene Wahlen. Fraktionsvorsitzender Tibor Navracsics nannte dies als einzige annehmbare Alternative, da die neue Regierung die Legitimation der Wähler brauche. Parteichef Viktor Orbán schlug Neuwahlen am Tag der Europawahlen am 7. Juni vor. Bei Umfragen lag Fidesz in letzter Zeit regelmäßig vorn. Sozialisten und Liberale haben die Auflösung des Parlaments allerdings abgelehnt.
Ungarn ist nicht das erste Land, das durch die Finanzkrise seine Regierung verliert. Nach Island, Lettland und Tschechien steht nun die vierte europäische Regierung vor dem Aus. Ungarn ist schwer angeschlagen. Im Herbst konnte der Staat nur durch die Zusage einer Finanzhilfe von IWF und EU gerettet werden, die nach und nach ausbezahlt wird. Trotzdem konnte sich der Staatshaushalt immer noch nicht erholen. Erst vor wenigen Tagen hat Ungarn die Anforderung eines weiteren Teilbetrags von 2 Mrd. Euro angekündigt. Experten fürchten weitere Regierungskrisen in der Region. Denn auch Rumänien, die Ukraine und Serbien kämpfen gegen den Staatsbankrott.
Ferenc Gyurcsány regiert seit fast fünf Jahren. Er wurde 2004 Nachfolger von Péter Medgyessy als Ministerpräsident. 2006 wurde er wiedergewählt, geriet jedoch durch die Veröffentlichung einer Rede, in der er zugegeben hatte, die Wähler belogen zu haben, in die Kritik. Um den fünfzigsten Jahrestag der Revolution von 1956 kam es in Budapest zu zahlreichen Demonstrationen gegen die Regierung und teilweise heftigen Auseinandersetzungen. Die Polizei verstärkte nach dem Bekanntwerden der Nachricht des Rücktritts ihre Präsenz um das Parlament in Budapest, da sie Demonstrationen und Unruhen befürchtete.
kjl

Vorschlag abgelehnt

Mit seiner Idee für einen Hilfsfonds für ostmitteleuropäische Staaten kam der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány beim EU-Sondergipfel in Brüssel nicht durch. Die anderen Staats- und Regierungschefs lehnten seinen Vorschlag ab. Gyurcsánys Idee sah einen Hilfsfonds über 190 Milliarden Euro vor. Davon sollten 50 bis 60 Mrd. Euro als Liquiditätshilfe an die nationalen Zentralbanken gehen. 45 Mrd. Euro sollten als Hilfe an Banken gehen und weitere 50 Mrd. Euro in die Wirtschaft. Übrigens lehnten nicht nur westeuropäische Politiker die Hilfe ab. Auch die Regierungschefs von Polen, Tschechien, Slowenien, Estland und der Slowakei zeigten keine Solidarität.
Analysten deutscher Zeitungen kritisierten Gyurcsánys Vorstoß. So äußerte Stefan Menzel in der Wirtschaftszeitung Handelsblatt: »Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány hat sich und seinem Land nicht unbedingt einen Gefallen damit getan, dass er kurz vor dem EU-Gipfel einen Hilfsfonds für die gesamte Region über 180 Milliarden Euro forderte. Ungarn ist in der Vergangenheit nicht gerade durch eine außerordentliche Haushaltsdisziplin aufgefallen. Dass es dem Land so schlechtgeht, hat zu einem großen Teil die Politik zu verantworten.«
kjl

Talfahrt des Forint
Die Tieffahrt des Forint hat sich auch Ende Januar und Anfang Februar fortgesetzt. Am 3. Februar sackte der Forint-Euro-Wechselkurs zwischenzeitlich auf 303 ab, einen Tag später schließlich erreichte die ungarische Währung bei 304,3 ihren bisherigen Tiefststand, während sie sich am 5. Februar auf weniger als 290 erholte. Die Experten führen den dramatischen Wertverlust des Forint vor allem auf die schlechten wirtschaftlichen Aussichten der mitteleuropäischen Region zurück. Sie verweisen darauf, dass sich Ende Januar, Anfang Februar auch in den anderen Ländern der Region die Währungen im Sturzflug befunden hätten, so etwa in Tschechien, Polen und Rumänien. Die schlechten wirtschaftlichen Aussichten seien dem Umstand geschuldet, dass die Rezession in der Eurozone tiefer sein werde als noch vor wenigen Wochen erwartet. Für Mitteleuropa hat dies zur Folge, dass einerseits die Exporte innerhalb der EU, andererseits die Auslandsinvestitionen aus den EU-Ländern erheblich zurückgehen werden.
Vor fünf Monaten bekam man für einen Euro noch 230 Forint. Die Schwächung des Forint führen die Experten vor allem auf die schlechten wirtschaftlichen Aussichten der gesamten mitteleuropäischen Region zurück. Die Schwächung der Währungen in den aufstrebenden Ländern und Regionen sei eine allgemeine Tendenz, mithin könne von keinem ungarnspezifischen Problem gesprochen werden, meint ein Analyst bei der Budapest Bank. Der große Wertverlust des Forint wird immer mehr auch zu einem sozialpolitischen Problem. Viele Kreditnehmer, die ihre Kredite in Fremdwährungen aufgenommen haben, haben große Schwierigkeiten, ihre monatlichen Zinsen zu bezahlen. Angesichts des schwächelnden Forint sind die Rückzahlungsraten der Devisenkredite je nach Währung in den vergangenen Monaten um 10 bis 30 % gestiegen.
WH

»Furchterregende« Vorschläge
Während die Reformvorschläge der Regierung von der Opposition eindeutig abgelehnt wurden, veröffentlichte der Reformbund, eine informelle Vereinigung führender Wirtschaftsexperten und Unternehmer, ehemaliger und jetziger Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, Vorschläge, die weit radikaler und dadurch vermutlich effektiver sein könnten, als die der Regierung. Sie schlugen vor, die Zentralisation der Budgeteinnahmen bis 2013 von 50 auf 42 Prozent zu senken, also 1.325 Mrd. Forint weniger neu zu verteilen. Eine weitere Einsparung im Umfang von 1.000 Mrd. Ft. könnte durch das Einfrieren der Budgetausgaben im selben Zeitraum erreicht werden. Der Bund schlägt darüber hinaus die Abschaffung der 13. Monatsrente, eine Revision des Systems der Invaliden- und vorzeitigen Renten vor. So könnte sogar ein Wirtschaftswachstum von drei bis vier Prozent erreicht werden. Der »schrecklichen Verschwendung bei den staatlichen Unternehmen sollte ein Ende gesetzt werden. Die Soziallasten der Unternehmer sollten umgehend um fünf, 2010 um weitere drei und im Jahr darauf um noch einmal um zwei Prozent gesenkt werden. Die Reformer würden den Mehrwertsteuersatz von 20 auf 24 Prozent erhöhen und die Krankenversicherungsbeiträge ebenfalls höher schrauben. Die Immobiliensteuer sollte schon in diesem Jahr eingeführt werden. Gyurcsány kommentierte diese Vorschläge mit den Worten: »imponierend und furchterregend«.
WH

Wegen Äußerung über Roma
Polizeipräsident in 24 Stunden ab- und eingesetzt
Albert Pásztor, Polizeipräsident von Miskolc, der drittgrößten Stadt Ungarns, wurde am 7. Februar (Samstag) wegen einer umstrittenen Äußerung von seinem Posten versetzt, wurde aber nicht einmal 24 Stunden später erneut eingesetzt. »Wir können ruhig sagen, dass die Raubüberfälle im öffentlichen Raum allesamt von Zigeunern begangen werden. In Miskolc werden höchstens Geldinstitute oder Tankstellen von Ungarn ausgeraubt, aber alle anderen Überfälle gehen auf ihr Konto.« Diese Äußerung des Polizeichefs Pásztor bei einer Pressekonferenz löste eine Lawine widersprüchlicher Reaktionen aus. Justizminister Tibor Draskovics (MSZP) ließ Pásztor versetzen. Heftige Emotionen kamen daraufhin aus Miskolc. Nicht nur Fidesz und die extreme Rechte sprachen sich für einen Verbleib Pásztors und den Rücktritt des Justizministers aus, auch aus den eigenen Reihen erntete der Minister heftigen Gegenwind. »Wenn Draskovics Minister bleiben will, wird sich die Frage bis Montag klären« drohte der Miskolcer Bürgermeister Sándor Káli (MSZP) seinem Parteikollegen. Sogar Vertreter einiger Roma-Organisationen sprachen sich für den Verbleib Pásztors aus. Für Sonntag wurde eine Solidaritätskundgebung organisiert, bei der Bürgermeister Káli zusammen mit bekannten Rechtsradikalen auftreten wollte. Am Sonntagmorgen ließ der Minister Pásztor mit einer nichtssagenden Rüge an seinen Posten zurückkehren.
WH

Mord an Sportlern
Bestürzung hat am 8. Februar ein brutaler Mord in der westungarischen Stadt Veszprém ausgelöst. Der rumänische Spieler der lokalen Handballmannschaft MKB Veszprém, Marían Cosma, wurde während eines Gerangels vor einer Bar erstochen. Der rumänische Ex-Nationalspieler erlag später seinen Verletzungen. Zwei Spielerkollegen, die ihm helfen wollten, der Serbe Zarko Sesum und der Kroate Ivan Pesic, wurden ebenfalls brutal misshandelt und schwebten in Lebensgefahr. Zwei der mutmaßlichen Täter wurden durch das schnelle Eingreifen der österreichischen Behörden an der A 2 gestellt. Der Vorfall findet nicht zuletzt aufgrund der Tatsache große Beachtung. dass die verdächtigten Täter der Roma-Minderheit angehören. Die Sportler waren an der Auseinandersetzung unschuldig. Die Rowdies randalierten in der Bar und wollten diese ohne zu bezahlen verlassen. Als die Opfer den Angestellten zu Hilfe kommen wollten, wurden sie angegriffen. Der serbische Außenminister Jeremic bezeichnete Meldungen, denen zufolge der Vater des verletzten Handballers Sesum an der Spitze von Freischälern käme, um »Rache zu nehmen«, als absurd.
WH

Bauarbeiten in Elek
Neuer Fußweg vom Pfarrhaus bis zum Friedhof
Die Stadt Elek konnte im Jahr 2008 aus dem Fördertopf der Regionsverwaltung Dél-Álföld eine stattliche Subvention erhalten, um damit dringende Arbeiten zur Verbesserung der örtlichen Infrastruktur durchzuführen.
Im Herbst begann somit die Stadtverwaltung mit den Arbeiten zur Erneuerung des Fußweges der Kétegyházi ucta, beginnend am Pfarrhaus, vorbei am Leimen-Haus bis hin zum Friedhof. Dabei wurde der bisherige Gehweg komplett entfernt und durch einen neuen Belag ersetzt. Die Gesamtinvestition betrug etwa 27 Mio. Ft., wovon die Stadt Elek eine Subvention in Höhe von 70% aus dem Regionalförderfonds für die entstandenen Kosten erhielt. Pünktlich zum 1. Dezember wurden die Arbeiten fertig gestellt.
At

»Reiche« Sozialisten, »arme« Konservative
Es ist ein alljährliches Ritual: Sämtliche 386 Parlamentsabgeordnete, die Mitglieder der Regierung sowie hohe Staatsbeamte sind zur Abgabe einer Vermögenserklärung verpflichtet. Das Ergebnis, das auf der Webseite des hohen Hauses einzusehen ist, bringt auch in diesem Jahr keine wirklichen Neuigkeiten. Nur die Bestätigung der sonderbaren ungarischen Verhältnisse: Der Chef und manche Spitzenpolitiker der regierenden Linken, der MSZP sind steinreich, während Berufskollegen auf der bürgerlich-christlich-konservativen Seite über eher bescheidene Vermögensverhältnisse Rechenschaft ablegen. Kein Geheimnis ist, dass Partei- und Regierungschef Ferenc Gyurcsány, der Vorwende-Jugendfunktionär aus der Provinz, weiterhin zu den wirklich vermögenden Kapitalisten des Landes gehört. Von seiner Investitionsfirma erhielt er im Vorjahr Gewinnsausschüttungen im Wert von 82,5 Mio. Ft. netto. Neben Gyurcsány ist Finanzminister János Veres wohl der unpopulärste Minister der Minderheitsregierung – aber auch einer der vermögendsten. Weit weniger vermögend scheinen die Altsozialisten, wie die Fraktionsführerin Ildikó Lendvai und die Parlamentspräsidentin Katalin Szili. Viel bescheidener sieht es auf der Seite der Opposition aus. Fidesz-Vorsitzender Orbán hat weniger als zwei Millionen Forint auf seinem Bankkonto.
WH

Leben in Bátaszék
Mit umgerechnet 8, 5 Millionen Euro ist das Haushaltsvolumen der Stadt im Jahr 2009 das bisher größte, das je erreicht wurde. Es muss allerdings ein kleiner Kredit aufgenommen werden, um alle angestrebten Aufgaben zu lösen und alle Einrichtungen gut funktionieren zu lassen. Für das neue Hallenbad, das keine baulichen Mängel aufweist und auch von Auswärtigen bis nach Szekszárd besucht wird, sind jährliche Kosten von fast 220 000 Euro zu erwarten. Die Vereine werden mit 52 000 Euro unterstützt.
Bei einer Gemeinderatssitzung im Januar unter dem Motto »Träume werden wahr« wurde eine große Planung für den Bau und die Erweiterung der Bildungseinrichtungen vorgelegt. In Modellen konnte das Gremium sehen, wie das Gymnasium erweitert werden soll (u.a. durch eine Mensa), welche Anbauten für die Grund- und Hauptschule einschließlich Kunst- und Musikschule vorgesehen sind und welche neuen Gebäude für die Kindergärten angestrebt werden. Eine große ungarische Lebensmittelfirma verlost im Jahr 2009 die Einrichtung für sechs Kinderspielplätze im Land. Bátaszék hofft auf einen Gewinn.
Nach einer Erhebung hat sich ergeben, dass 27 Gebäude in der Stadt baufällig sind und dringend erneuert oder abgerissen werden müssen. Da die Besitzer nur ein geringes Einkommen haben, soll ihnen ein Kredit gewährt werden. Bei kleineren Reparaturen will die Stadt helfen.
Gustav Bächler/Adelheid Teiber
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