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Re-Invention Die Renaissance der ruralen Architektur
Michael Prosser-Schell, Maria Erb (Hg.)
Fünf Beiträge zu traditionellen vernakularen Hausformen im östlichen Europa
Waxmann Verl. Münster New York 2022.
(Schriftenreihe des Instituts für Volkskunde der Deutschen im östlichen Europa; 23).
ISBN 978-3-8309-4382-2. 311 S., Ill.
Ländliche Architekturen stehen im Schatten der großen architekturgeschichtlichen Betrachtungen. Da geht es vor allem um die berühmten Architekten oder um berühmte und stilweisende Bauten. Doch wie Stile aus der oberen Liga weiter verbreitet wurden, wird allenfalls noch in Städten betrachtet. Schon bei der Stilverbreitung in kleineren Städten tun sich große Forschungslücken auf. Parallel zur Stilgeschichte existiert aber noch das Bauwesen in örtlicher oder regionaler Tradition, das in die Stilschubladen oft nicht so ganz passt. Diese Regionaltraditionen sind schon in den kleineren Städten interessant und lassen sich in den umgebenden Dörfern ebenso finden.

In Osteuropa lassen sich bei den ländlichen Bauformen in einer interessanten Mischung auch noch die baulichen Eigenheiten und Traditionen der verschiedenen ethnischen Gruppen feststellen – oder auch nicht. Beides ist für die Forschung interessant. Allerdings wurde die Erkennbarkeit der ethnischen Zugehörigkeit der Bewohner durch die politischen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts zum Problem, als bestimmte Bereiche von der Forschung bewusst nicht wahrgenommen wurden. Das konnte besonders stark die Bauten der geflohenen oder vertriebenen ehemaligen deutschen Bewohner treffen. Sich mit diesen Bauten zu beschäftigen, war in bestimmten politischen Konstellationen eben nicht opportun. Gerade die baugeschichtlichen Forschungsbereiche in den Haupt- und Universitätsstädten übersahen diese Bauten oft bewusst. Immerhin hat sich in den letzten Jahren die volkskundliche Forschung auch diesem Erbe angenommen. In Budapest war es der Germanistische Lehrstuhl, an dem Studenten bewusst auf das bauliche Erbe der ungarndeutschen aufmerksam gemacht wurden. Mehrere Studenten haben gerade in diesem Bereich in den letzten Jahren Studienarbeiten verfasst, die auch veröffentlicht wurden.

Auch wenn in den letzten Jahren die Literatur zu diesem Bereich in den verschiedenen Ländern zugenommen hat, blieb das Manko über Übersichtsbetrachtung. Natürlich gibt es zahlreiche Erwähnungen zur Art und Bauweise der Bauernhäuser in diversen Heimatbüchern, die allerdings nur schwer erschließbar sind. Außerdem ist die fachliche Qualität durchaus unterschiedlich. Bei den in den verschiedenen Ländern erschienenen Einzelbetrachtungen ist zwar der wissenschaftliche Ansatz gegeben, aber es besteht das sprachliche Problem durch die Veröffentlichung in verschiedenen Sprachen.

Der Volkskundler Prof. Dr. Michael Prosser-Schell (Institut für Volkskunde der Deutschen im östlichen Europa in Freiburg im Breisgau) und die Germanistin Dr. Maria Erb (Ungarndeutsches Forschungszentrum am Germanistischen Institut der Loránd-Eötvös-Universität in Budapest) haben deshalb in der Schriftenreihe des Instituts für Volkskunde der Deutschen im östlichen Europa einen Sammelband zu ländlichen Architekturen herausgegeben. Darin stellten sie bewusst Beispiele aus verschiedenen Ländern vor. Durch die Veröffentlichung in deutscher Sprache erschließt sich dieser Bereich nun auch leichter für eine deutschsprachige Leserschaft. [...]

  Szent Anna kápolna
Mária-emlékhelyek a budai-hegyvidéken
[Die Sankt-Anna-Kapelle, Mariengedenkstätten im Ofner Bergland]. Enthält auch: A svábhegy világ királynője engesztelő kápolna krónika, Natália nővér születésének 100. (2021) és földi távozánának 30. (2022) évfordulójára [Die Chronik der Sühnekapelle Maria Königin auf dem Schwabenberg, zum 100. Geburtstag und 30. Todestag von Schwester Natalia]. Budapest Infotop Kft. 2022. ISBN 978-615-81427-6-2, 978-615-81427-5-5. 60, 224 S., zahlr. Ill. Text ungarisch.
Den kirchlichen Denkmälern im Ofner Bergland ist dieses Buch gewidmet, das zwei Bände in einem zusammenfasst. Es ist eines jener Bücher, die keine Rückseite besitzen, weil sich dort ebenfalls eine Titelsite befindet, so dass man dieses von Buch von beiden Seiten anblättern kann. Der kleinere Teil widmet sich der Kapelle St. Anna, die sich am Jánoshegy am westlichen Rand von Budapest oberhalb des Auwinkels (Zugliget) am Ende der Normafa utca befindet. Dort findet man auch noch Informationen zur Wallfahrtskirche (Maria Einsiedeln) Mária Remete in Pesthidegkút und zu weiteren Kapellen und religiösen Denkmälern im Ofner Bergland. Im zweiten Teil erörtert András Salamin die verwickelte Geschichte um das Projekt einer Sühnekapelle bei der Kapelle St. Anna, das in den letzten Jahren durch neue Ideen Vorschub erhielt.

Re-Invention Michael Prosser-Schell / Csilla Schell / Bertalan Pusztai (Hg.)
Re-Invention of Tradition in Ostmitteleuropa nach 1990
Neue, »gefundene« und revitalisierte Feste mit Schwerpunkt Ungarn
Hrsg. vom Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa in Freiburg im Breisgau. Münster, New York: Waxmann Verlag, 2018. ISBN 978-3-8309-3843-9. (Schriftenreihe des Instituts für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa 19). 257 S., Ill.
Traditionen waren vermeintlich schon immer da. Doch sind sie das wirklich? Was passiert bei Abbrüchen von Traditionen durch politische Systemwechsel. Die kommunistischen Systeme in Mittel- und Osteuropa sorgten für vielerlei erzwungene Unterbrechungen bei volkstümlichen Bräuchen. Nach den politischen Systemwechseln um 1990 waren in den neu gewonnenen gesellschaftlichen Freiheiten Rückgriffe auf alte Traditionen möglich. Und man hat den Eindruck, dass geradezu ein gesteigertes Bedürfnis nach Riten, Bräuchen und Zeremonien vorhanden war. Vielerlei Traditionen wurden wiederbelebt. Doch sind wirklich alle Bräuche wiederbelebte Traditionen? Der von den drei Volkskundlern und Kulturanthropologen Michael Prosser-Schell, Csilla Schell und Bertalan Pusztai herausgegebene Studienband befasst sich genau mit dieser Fragestellung und untersucht an Beispielen wiederbelebte oder gar neu erfundene Traditionen. Mit ihm liegt nun erstmals eine deutschsprachige Materialsammlung zu den in Deutschland wenig wahrgenommenen Phänomenen in Osteuropa vor. Der Band basiert auf einer Zusammenarbeit des Instituts für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa in Freiburg im Breisgau, dem die beiden Erstgenannten angehören, mit dem Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Szeged, an dem der dritte Herausgeber Lehrstuhlinhaber ist. . [...]

Heimat Filmtipp von Stefan P. Teppert
Ein Franke lernt Polka

Ein Film von Udo Pörschke

Im Hohenheimer Christkönigshaus hielt am 19. März der Hilfsbund karpatendeutscher Katholiken seine Frühjahrstagung und Mitgliederversammlung ab. Udo Pörschke war mit seinem Regie-Compagnon Jorin Gundler aus Bamberg gekommen, um ihren Film »Ein Franke lernt Polka« erstmalig öffentlich zu zeigen.
Die Vorsitzende Ulla Nosko begrüßte die Teilnehmer und Referenten, Dr. Rainer Bendel, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft katholischer Vertriebenenorganisationen (AKVO) in Stuttgart, hatte die Tagung organisiert und leitete sie.
Bevor der Film gezeigt wurde, erläuterte Udo Pörschke seine Entstehungsgeschichte und seine Intentionen. Es ist bereits der vierte Film, den er produziert hat, zwei davon wurden sogar im Fernsehen ausgestrahlt, obwohl sie ohne finanzielle Förderung, ohne Team und ohne flankierende Reputation entstanden waren.
Der jetzt fertiggestellte Film sei das Resultat von fünf Jahren Arbeit, er selbst als Autor und Produzent und sein Mitarbeiter hätten jeder 1.500 Stunden Zeit investiert, hinzu kam etwa die Arbeit professionellen Kameramanns, ein Student, der keine Bezahlung verlangte, sondern lediglich Kost und Logie erhielt. Das dabei entstandene Drehmaterial von 300 Stunden musste in mühsamer Arbeit gekürzt, geschnitten, zusammengestellt, mit Musik untermalt und kommentiert werden. Was normalerweise 50 hauptberufliche Kräfte zugeteilt bekommen, mussten hier zwei Personen bewältigen. Herausgekommen ist ein zwar langer, aber niemals langweiliger, sondern überaus informativer, anrührender Film über die deutsche Minderheit in Ungarn von ihrer Ansiedlungsgeschichte bis zur Zukunftsfrage mit den Bemühungen, ihre Kultur und Sprache zu erhalten und weiterzugeben. Im Original hat der Film 115 Minuten und ist auch für den ungarischen Markt untertitelt, für das Publikum in Deutschland wurde er auf 90 Minuten reduziert unter Verzicht etwa auf hierzulande wenig relevante Elemente wie Interviews mit der deutschen Selbstverwaltung. [...]

Heimat Mihály Frühwirth, Mónika Gombár Fazekasné, Mária Csendesi Osikovicné
Schwäbische Lieder und Sprüche aus Wetschesch

Sváb énekek és mondókák Vecsésröl

Kulturverein Vecsés 2022. ISBN 979–0-801680–91. 129 S., zahlr. Ill. + 1 CD-Beil. Text dt. und ung. Bezug: Mónika Tófalvi, Deutsche Selbstverwaltung, Szent István tér 1, H-2220 Vecsés. www.wetschesch.hu.

I pin a klans Pingal Stai mi ins Winkal. Wenn i nichts kau Fang i nichts au. Der Mundartspruch kommt aus der Gemeinde Wetschesch (Vecsés), der berühmten Krautgemeinde bei Budapest. Mihály Frühwirth, Mónika Gombár Fazekasné und Mária Csendesi Osikovicné haben die alten Sprüche gesammelt und als Buch herausgebracht. Und damit man die Sprüche auch in der originalen Mundartaussprache hören kann, ist dem Buch eine CD beigegeben mit den Sprüchen. Die Basis lieferten die Tonaufnahmen, die Michael Frühwirt in den 1980er-Jahren gemacht hatte. Den Schwerpunkt des Buchs bilden aber die Lieder, die mit Noten und Text abgedruckt sind. Sie sind thematisch sortiert in Liebeslieder, lustige Lieder, Heimatlieder, Jägerlieder, Balladen, Soldatenlieder und Kirchenlieder. Und natürlich gibt es auch eine Geschichte zum Wetschescher Kraut. Illustriert ist das Buch mit alten Fotos aus Wetschesch. Hinten finden sich auch noch aktuelle Fotos der Chöre und Gesangsgruppen. [...]

Heimat Stefan P. Teppert, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Dr. Georg Wildmann und Adam Kupferschmidt
Heimat an Donau und Neckar

Von Filipowa nach Bad Niedernau

Preis 25 € + Versandkosten, Bestellung an Werner Gauss: Tel. 0176 97 58 59 75, Mail: gauss@stiftung-arme-schulschwestern-bad-niedernau.de
Die vorliegende Denkschrift wählte als Titel »Heimat an Donau und Neckar«. Damit will sie hervorheben, dass sie von zwei Heimaten ausgeht, der Heimat an der Donau im alten und der Heimat am Neckar im neuen Umland. Heimat bedeutet der Raum, in dem man verwurzelt, der einem vertraut ist, in dem einen jeder kennt und der einem durch Geburt zugewachsen ist. Andererseits hat man sich diesen Raum aktiv erschlossen, indem man Freunde gewinnt, seine besonderen Fähigkeiten einbringt, seine Umwelt prägt. Auf diese Weise kann man sich eine zweite Heimat aufbauen, wie das in der neuen Heimat am Neckar geschehen ist.

Das Autorenteam Stefan Teppert, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Dr. Georg Wildmann und Adam Kupferschmidt macht es sich zur Aufgabe, dieses Pendeln zwischen alter und neuer Heimat aufzuzeigen. Hintergrund dazu ist vor allem der Ablauf der Geschichte, wie er sich bei den drei dargestellten Gruppen Arme Schulschwestern, Filipowaer und Donauschwaben widerspiegelt. Im Kleinen wie im Großen wird neben den chronologischen Abläufen geschildert, wie eine besondere Grundhaltung sich fähig erweist, ein grausames, oft traumatisierendes Schicksal zu bestehen und daraus die Kraft für einen erfolgreichen Neuanfang zu ziehen. Die kurzgefasste donauschwäbische Geschichte erhärtet dies besonders bei der Darstellung des gesellschaftlichen Lebens, während die Geschichte Filipowas, zu der ja auch die der Armen Schulschwestern gehört, sich besonders auf ihr furchtbares Ende zuspitzt: Die Blutnacht auf der Heuwiese, die Verbringung in Todeslager, die Deportation in die Sowjetunion sowie die Vertreibung aus ihrem Heimatort können für das gesamtdonauschwäbische Schicksal stehen.

Einerseits arbeitet diese Darstellung die Besonderheit Filipowas heraus, ein Ort, der in den vierzig Jahren während des 20. Jahrhunderts bei am Schluss 5000 Einwohnern 50 Priester und 133 Klosterschwestern hervorgebracht hat, ebenso 500 Weitergeschulte. Das bewirkte nicht nur eine außerordentlich starke Religiosität, sondern eine fruchtbare kulturelle Atmosphäre, wie das für eine stark bäuerlich geprägte Gemeinde ganz ungewöhnlich ist.

Andererseits erlitt Filipowa angesichts seiner gelebten Religiosität und Glaubensstärke ein tragisches Schicksal: in wohl keiner anderen donauschwäbischen Gemeinde tobte sich die Schreckensherrschaft der kommunistischen Partisanen so aus wie in diesem katholischen Musterdorf. Die namentlich angeführten Opfer der Blutnacht auf der Heuwiese bezeugen dies. Demgegenüber erwuchs aus der unerschütterlichen Grundhaltung dieser Gemeinde der Hoffnungsträger für die Zukunft: Inmitten des Massensterbens in den Lagern Gakowa und Rudolfsgnad formulierte der Filipowaer Jesuitenpater Wendelin Gruber während einer unter Lebensgefahr abgehaltenen Erstkommunion das Gelöbnis: im Überlebensfalle eine Kapelle oder Kirche zu bauen und jährlich eine Wallfahrt abzuhalten. Aus einer nie in Frage zu stellenden Glaubenshaltung heraus setzten die betroffenen Donauschwaben um einen Filipowaer Kern ein in die Zukunft weisendes Zeichen der Hoffnung, an dem sich alle festhalten und so dem kommunistischen Unglauben seine Unterlegenheit vorführen können. Ein nicht zu überbietendes Beispiel für die Kraft des Heimatgedankens. [...]

Krieg-Not-Vertreibung Stephan Pfundt
Krieg-Not-Vertreibung

Budaörs 1944–1946

Bezug: 3 € beim Heimatverein Budaörs Wudersch e.V., im Budaörser Heimatmuseum oder direkt bei Stephan Pfundt 06226/6968
An die letzten Jahre daheim erinnert sich Stephan Pfundt anhand seiner neuen Niederschrift in einem kleinen DIN A5-formatigen, 32-seitigen Büchlein.

Es sind dabei persönliche Erlebnisse seiner Kindheit vor der Vertreibung aus Budaörs in Ungarn, die er nach seinem Gedächtnis aufgeschrieben hat, um es für die Nachwelt festzuhalten. Einiges hat er aus ortsgeschichtlichen Büchern übernommen und aus dem Ungarischen übersetzt, das wird in einem von ihm angelegten Literaturverzeichnis nachgewiesen.

Im Mittelpunkt seiner Erzählungen stehen die Themen Krieg-Not-Vertreibung, die er als eine, hier zum größten Teil als seine eigenen persönlichen Schicksalsgeschichte, darstellt. Eine kurze Zeitreise der Entwicklung von Budaörs nimmt er nach der Vertreibung auf. Herr Stephan Pfundt möchte für die noch lebenden Landsleute und für die Nachfahren Wertvolles und Interessantes weitergeben.

M. Th. Mann




Annemarie Ackermann Stiftung der deutschsprachigen Heimatvertriebenen in Österreich
Annemarie Ackermann

Mehr als eine Bundestagsabgeordnete, ein Zeitdokument

DVD, gefördert durch die Stiftung der deutschsprachigen Heimatvertriebenen in Österreich, München, 2022.
Die DVD kann gegen einen Unkostenbeitrag von 12 € plus Versandkosten bei Sebastian Grießl erworben werden,
Mobiltel. 017630370110. E-Mail: sebastian.griessl@googlemail.com
Die erste und einzige donauschwäbische Bundestagsabgeordnete Annemarie Ackermann setzte bemerkenswerte Akzente. Wenn Bundeskanzler Konrad Adenauer sie als »fleißige Biene« oder »zupackende Löwin« bezeichnete, lässt diese Anerkennung ahnen, welchen Respekt sie in der damals überwiegend von Männern geprägten politischen Gesellschaft erringen konnte.
Da sie heute nur noch älteren donauschwäbischen Landsleuten und historisch Bewanderten ein Begriff zu sein pflegt, ist jetzt ein Filmporträt erschienen, das ihr Leben und ihre politische Leistung zu würdigen und einen Eindruck davon zu vermitteln sucht, was es in den Gründerjahren der Bundesrepublik bedeutete, eine Abgeordnete zu sein und Unterstützung sowie Anerkennung im Bundestag zu erfahren. Dies geschieht mittels Interviews vor allem mit ihrer Tochter Ria Schneider, daneben auch eine Woche vor seinem Tod 2021 mit Ing. Rudolf Reimann, dem Bundesvorsitzenden der VLÖ (Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich) sowie mit Familienmitgliedern und Weggefährten. Von Ria Schneider bereitgestellte Fotos, Briefe und Dokumente illustrieren die informative Dokumentation. Die Idee dafür hatten der 1936 in der Batschka geborene Historiker Dr. Ingomar Senz, dessen Forschungsgebiet die Geschichte der Deutschen in Südosteuropa ist, und der Freisinger Dokumentarfilmer Sebastian Grießl, der sich u. a. mit der Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen nach 1945 beschäftigt.
Annemarie Ackermann wurde als Anna Eisenmann am 26. Mai 1913 in Parabutsch (Batschka, damals Königreich Jugoslawien, heute Woiwodina in Serbien) in ein katholisches Umfeld geboren. Früh verlor sie den Vater, der im Ersten Weltkrieg in Bosnien an Cholera starb. Nach dem Tod der Mutter 1920 wuchs sie bei den Großeltern auf. Das aufgeschlossene und interessierte Madchen war seit frühester Jugend mit allen praktischen Arbeiten in der Landwirtschaft vertraut, konnte Kühe melken, Schweine schlachten, Gänse stopfen und Rosen veredeln. Sie wuchs dreisprachig auf, war des Deutschen, Ungarischen und Serbischen mächtig. Sechsjährig kam sie als Klosterschülerin nach Batsch, wo sie die Volks- und Mittelschule besuchte und alle denkbaren Handarbeitstechniken erlernte, die später zum Lebensunterhalt ihrer Familie beitrugen. 1928/29 besuchte sie die Höhere Töchterschule in Graz. Als ihre Schwester bei der Geburt ihres ersten Kindes starb, übernahm sie dessen Pflege und heiratete nach einem Trauerjahr ihren Schwager, den Arzt Dr. Mathias Ackermann, mit dem sie nach Neusatz übersiedelte und fünf Kinder hatte. Anfangs half sie in der Zahnarztpraxis ihres Ehemanns. Seit 1934 betätigte sie sich im »Schwäbisch-deutschen Kulturbund« und in weiteren Kulturgruppen.
Mit dem Einmarsch der Roten Armee in die Batschka und der Machtübernahme durch Titos kommunistische Partisanen flüchtete die Familie über Ungarn und Österreich, ehe sie 1951 nach Landau in Rheinland-Pfalz kam. Dort begann für Annemarie Ackermann eine neue Lebensphase voller Aktivität. Schon bald nach ihrer Ankunft engagierte sie sich im sozialen Bereich und im Flüchtlingswesen, gründete in Landau mit den dort gestrandeten Landsleuten die erste Jugend- und Trachtengruppe. Überall, wo sie auftrat, ging sie auf die Menschen zu und stellte so mühelos Kontakte her. Dem Landratsamt bot sie im Dienste ihrer Landsleute ihre Dolmetscherdienste an. Überall machte sie sich nützlich und wurde gern in Anspruch genommen. Sie schloss sich der CDU und 1952 dem Katholischen Frauenbund an. Die Einladung zur Delegiertenversammlung der CDU brachte den Durchbruch aus ihrer bisherigen ehrenamtlichen Tätigkeit. Sie wurde auf die Landesliste der Kandidaten für die Bundestagswahl gesetzt und, überraschend für alle, von 1953 bis 1961 erstmals Mitglied des Deutschen Bundestages. Am 16. Januar 1965 rückte sie für den ausgeschiedenen Abgeordneten Gerhard Fritz in den Bundestag nach, dem sie dann noch bis zum Ende der vierten Wahlperiode im Oktober 1965 angehörte, wobei sie stets über die CDU-Landesliste Rheinland-Pfalz in den Bundestag einzog. [...]

Stefan P. Teppert



Der klaani Prinz Antoine de Saint-Exupéry
Der klaani Prinz

Mit Büdderl wou der Schriftstöller söjwer gmoit hot

Iwersejtzt in die Sprooch va die Ungordäitschi, wou in Wudigess un drumrum gleibt haun va Rolf Thum.
Edition Tintenfaß Neckarsteinach
2021, ISBN 978-3-947994-93-9. 93 S., Ill., 19 €. Bezug: Buchhandel, oder Edition Tintenfaß. 69239
Neckarsteinach, Tel./Fax 06229/2322, www.verlag-tintenfass.de
»Der kleine Prinz« ist eine zauberhafte Erzählung, die nun als »Der klaani Prinz« auch in ungarndeutscher Fassung vorliegt. In der Geschichte geht es um einen Prinzen, der bisher auf einem kleinen Asteroiden lebte. Er trifft in der Sahara den Erzähler, einen dort notgelandeten Piloten – was natürlich eine deutliche autobiographische Anspielung an die große Leidenschaft des Autors ist. Das erstmals 1943 in New York erschienene Buch »Le petit prince« bzw. »The Little Prince« ist das bekannteste Werk des französischen Autors Antoine de Saint-Exupéry und gehört zu den auflagenstärksten Büchern überhaupt. Die erste deutschsprachige Ausgabe kam 1950 heraus. Da war der Autor schon längst tot. Sein eigenes tragisches Schicksal mit dem mysteriösen Verschwinden auf einem Erkundungsflug 1944 vergrößerte sicher noch den Nachruhm. Erst vor wenigen Jahren hat man Reste des Flugzeugs gefunden, mit dem Saint-Exupéry ins Mittelmeer gestürzt ist. Was genau passierte, ob er etwa von einem Piloten der deutschen Luftwaffe abgeschossen wurde, ist bis heute nicht ganz sicher.

Die Geschichte des auf der Suche nach dem Wesentlichen durch das Universum reisenden Prinzen kann man nun auch im ungarndeutschen Dialekt des Ofner Berglands lesen. Dr. Rolf Thum hat die Geschichte in das Idiom von Wudigess (Budakeszi) übertragen, einer früher überwiegend ungarndeutsch geprägten Gemeinde westlich der ungarischen Hauptstadt Budapest. Diese Mundart zu schreiben ist gar nicht so einfach, denn unser Buchstabensystem entspricht nicht so ganz den dafür benötigten Lauten. Da ein Buch in Lautschrift für Philologen sehr interessant aber eben fast nur von diesen lesbar ist, hat Rolf Thum den Text in der üblichen Schrift veröffentlicht. Zu Beginn ist eine kurze Erläuterung der Besonderheiten der Mundart und ein kleines Glossar mit einigen wichtigen Mundartbegriffen eingefügt. Für die bessere Lesbarkeit hat Thum etwa bei den Konsonanten am Beginn eines Wortes den in der Hochsprache üblichen Mitlaut geschrieben. Beim lauten Lesen weiß der Mundartsprecher, dass ein Wort wie »Buach« (Buch) als »Puach« gesprochen werden muss. Denn ein besonderes Phänomen der Mundarten des Ofner Berglands ist die Vertauschung weicher und harter Konsonanten, das B wird wie P gesprochen und das P wie B, also B wie Peter und P wie Butter. Entsprechend ist auch die Aussprache von T und D und von K und G vertauscht. [...]

Klaus J. Loderer



Moderne Märchen aus Ungarn Wolfgang Würger
Moderne Märchen aus Ungarn

Gabriele Schäfer Verlag, Herne, 2021.
ISBN 978-3-944487-87-8.
177 S.
Bezug: Gabriele Schäfer Verlag, Schnittstr. 20, D-44653 Herne, Tel. 0049/2323/924711, www.gabrieleschaeferverlag. de, E-Mail: bestellungen@gabrieleschaeferverlag. de
Märchen sind nicht einfach nur nette Geschichten. Das Märchen hat traditionell eine erzieherische Aufgabe. Damit ist nicht nur gemeint, Kindern und Jugendlichen etwas auf den Weg zu geben. Märchen wurden in der Form des Kunstmärchens auch oft bewusst eingesetzt, um Kritik an der Gegenwart zu üben.

Genau diesen Weg beschreitet Wolfgang Würger. Er nutzt die Gattung des Märchens, um sich für humanistische Werte, für Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Der in Freiburg im Breisgau praktizierende Heilpraktiker sieht diese in Deutschland gefährdet. Er mahnt mit dramatischen Worten. Er möchte allerdings, dass am Ende – wie im Märchen – das Gute siegt.

Dass Wolfgang Würger seine Märchen als ungarische Überlieferung ausgibt, ist ein Kunstgriff. Er möchte damit dem Land Ungarn und dem ungarischen Volk wegen seiner freiheitsliebenden Tradition (man denke nur an 1848 und 1956) eine Referenz erweisen. Abgesehen davon, dass sich der Autor mit dem Gedanken trug, nach Ungarn auszuwandern, ins Exil zu gehen, wie man im Nachwort erfährt.

Auch wenn im Untertitel zu lesen ist, dass er die Märchen »gesammelt« habe, ist das gewissermaßen selbst ein Märchen. Damit steht er in einer alten Tradition. Es war schon im 18. Jahrhundert bei Autoren beliebt, dass sie durch den Vermerk, man habe ihm die Geschichte erzählt, ihrem Werk eine gewisse Authentizität zu verleihen. Auch Würger macht das, indem er im kleinen Vorwort betont, dass ihm die märchenhaften Geschichten von »zuverlässigen Erzähler zugetragen wurden«. Das ist, wie er im Nachwort zugibt, frei erfunden. Wenn Autoren Märchen erfinden, sei ihnen das gestattet. Insofern handelt es sich also nicht wirklich um Märchen aus Ungarn. Da Märchen aber üblicherweise sowieso in einer fiktiven Welt spielen und viele Geschichten im Laufe der Jahrhunderte kreuz und quer durch Europa gewandert sind, ist das auch nicht relevant. Der Autor ließ sich allerdings durch einige tradierte Motive aus alten ungarischen Märchen inspirieren, die er in einen neuen Rahmen stellte. [...]

Klaus J. Loderer



Wodka mit Grasgeschmack Markus Mittmann
Wodka mit Grasgeschmack

Roman

Kiener Verlag München 2019.
254 Seiten.
ISBN 978-3-948442-00-2
Bezug: Buchhandel
»Seit der Vertreibung gab es keinen einzigen Tag, an dem ich nicht an zu Hause gedacht habe«, betont der Vater des Ich-Erzählers. Die Heimat ist in diesem Fall Schlesien, doch kann diese Bemerkung wohl stellvertretend für die Gedanken aller Heimatvertriebenen stehen. Markus Mittmann erzählt von einer Reise, von einer Reise in die Vergangenheit. Der Erzähler und sein Bruder nehmen die Eltern, beide Heimatvertriebene aus Schlesien, auf eine Reise nach Polen. Mittmann beschreibt die Hinfahrt nüchtern und lässt auch die Banalitäten einer solchen Tour nicht aus, die Toilettenpausen, die Esspausen, die Tankpausen. Allerdings erzählt der Vater schon aus der Fahrt aus seinen Erinnerungen. Es sind Gedanken- und Erinnerungsfetzen, die er der Familie erzählt. Nach und nach ergibt sich für den Leser daraus eine Familiengeschichte.

Der Besuch in Breslau ist eher touristisch. Doch im Hotel weckt das Lesen der Speisekarte die Erinnerungen. Der Tonfall ändert während des Aufenthalts. In Neiße überlagern die persönlichen Erinnerungen des Vaters die Besichtigung. Dann fährt man in den Geburtsort des Vaters.

Alle vier wissen auf ihre Art nicht, was sie erwartet. Sie alle wollen Spuren einer Heimat findet, ohne genau zu wissen, was das ist. Für die Eltern sind es schöne und tragische Erinnerungen, die sie mit Schlesien verbinden. Die Söhne versuchen die Erzählungen und Familienfotos in eine reale Welt einzubinden. Erstmals sehen sie nun in echt, wovon sie seit vielen Jahren von ihren Eltern hörten.

Der Vater lässt sich in Schwammelwitz auf seine Erinnerungen ein. Das Elternhaus erinnert noch an früher. Der Autor erkennt viele Details der Erzählungen. Die Besucher schauen nicht nur in den Hof. Als die sie läuten, werden sie von der jetzigen Eigentümerin hereingebeten und die Erinnerungen laufen nun parallel – polnische und deutsche Vertreibungsschicksale. Auch die neu dort eingezogen Familie hat ihr Vertreibungsschicksal. Die unbekannten Gäste werden gastlich empfangen mit einem Likör, der sich als der titelgebende Wodka mit Grasgeschmack entpuppt. Der Autor liebt es nach eigenem Bekunden solche Details zu sammeln. [...]

Klaus J. Loderer



Transnationale Karpaten Transnationale Karpaten (I)

Spiegelungen, Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas, Jahrgang 16, Heft 1.21

Hrsg. von Florian Kühler-Wielach unter Mitwirkung von Enikö Dácz … im Auftrag des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Red.: Georg Aescht …
Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2021.
212 S. 12 s/w Ill.
ISBN 978-3-7917-3234-3
17,00 €. Bezug: Buchhandel
Gleich zwei Gedichte in diesem Band nehmen sich des Themas Heuweg an. Das ganz neue Gedicht »Kreischqueller Heuweg« des in Karlsburg (Alba Iulia) geborenen Dichters Alexandru Bulucz ist eine Reaktion auf das schon vor dreißig Jahren erschienene Gedicht »Siebenbürger Heuweg« von Werner Söllner. Die beiden Arbeiten leiten eine ganze Reihe von Gedichten ein, die im Zentrum des neuesten Bandes der Zeitschrift »Spiegelungen« stehen. Wie immer nehmen in dieser renommierten »Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas«, wie der Untertitel lautet, neuere literarische Arbeiten die Mitte ein. Der neueste Band hat mit 212 Seiten Buchstärke.

Die Karpaten sind der Themenschwerpunkt des neuen Bandes. Darauf stimmt schon das Bild auf dem Umschlag, das historische Foto einer Wandergruppe in der Hohen Tatra, ein. Dem sich durch mehrere Länder ziehenden Gebirgszug nähert sich der Band mit verschiedenen Texten. Dabei geht es weniger um eine geographische oder geologische Beschreibung sondern um dem Phänomen einer Zugehörigkeit zu verschiedenen Ländern. Das konnte und kann durchaus zu nationalen Konkurrenzen führen, wie Martin Rohde am Beispiel von Polen und der Ukraine im Bereich der Ostkarpaten aufzeigt. Benedikt Stimmer untersucht die im späten 18. Jahrhundert erschienene Karpatenbeschreibung von Balthasar de la Motte Hacquet. Durch James Koranyi erfährt man von englischen Reisen in der Zeit um 1900. Ob die Karpaten eine Trennung darstellen, ein Ort der Begegnung oder gar ein Zufluchtsort sind, kann in der Literatur ganz unterschiedlich sein, wie Réka Jakabházi nachweist. Gleichzeitig sind die Karpaten auch Schauplatz unterschiedlichster Mundartdichtungen (Tajana Hevesiová). Ganz entromantisiert sieht Thomas Perle in seinem Gedicht auf die Karpaten.

In den Personalien findet man einen Nachruf auf den im vergangenen Jahr verstorbenen Historiker Friedrich Gottas mit einer Auswahlbibliographie. Die Schriftstellerin Nora Iugas wird zum neunzigsten Geburtstag gewürdigt, die Schriftsteller Balthasar Waitz und Johann Lippert zum siebzigsten Geburtstag. Unter den Buchbesprechungen findet sich auch eine über Zsuzsa Bánks neues Buch »Sterben im Sommer«.

Klaus J. Loderer



Fassbare Zugehörigkeit John C. Swanson
Fassbare Zugehörigkeit

Deutschsein im Ungarn des 20. Jahrhunderts

Aus dem Englischen von Monika Köpfer.
[Originaltitel: Tangible Belonging, Negotiating Germanness in Twenthieh-Century Hungary].
Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2020. (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München; 140).
520 S., zahlr. Ill.
ISBN 978-3-7917-3113-1, ebook-ISBN 978-3-7917-7299-8.
Bezug: Buchhandel
»Wir Der US-amerikanische Historiker John C. Swanson wählt einen anderen Blick auf die Geschichte der Ungarndeutschen im 20. Jahrhundert. Er untersucht die Identität am Beispiel des Deutsch-Seins. Er geht aber nicht von einer deutschen Perspektive aus, die die Ungarndeutschen als Minderheit in Ungarn sieht und ihr eine deutsche Identität überstülpt. Genau dieses Problem nahm er bei vielen bisherigen Studien zur Identität wahr. Swanson geht vielmehr vom Heimatort als Sitz der Identität aus. Dieser Ort ist für ihn das Zentrum der Identität. Er interessiert sich dafür, wie die Identität in diesen Orten aussah und aussieht und was man dort unter »deutsch« verstand und versteht. Daraus resultiert auch der Titel des Buchs »Fassbare Zugehörigkeit«. Um diese Zugehörigkeit herauszufinden, reichte es nicht die vorhandenen Veröffentlichungen auszuwerten. Er machte sich daran, in Ungarn und Deutschland Personen zu befragen, um ein möglichst authentisches Bild zu erhalten. Da der Untersuchungszeitraum im 19. Jahrhundert beginnt, war es natürlich unmöglich Menschen zu finden, die diese Zeit noch persönlich erlebten. Darum hat er die von Eugen Bonomi durchgeführten Interviews ausgewertet. Swanson untersuchte Kirchenbücher und andere historische Dokumente und arbeitete sich durch die Vielzahl an Veröffentlichungen. Die Befragungen von Kontaktpersonen arbeitete er ganz bewusst in die veröffentlichte Studie mit ein. Jedes Großkapitel beginnt mit der Vorstellung einer Person und ihrer Ansichten. Das macht diese historische Studie sehr persönlich.

Die 2017 in den USA erschienene Studie von John C. Swanson ist nun in der Reihe des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München im renommierten Pustet-Verlag erschienen. Für die Studie, die im Original »Tangible Belonging« heißt erhielt er den Barbara-Jelavich-Buchpreis der Association for Slavic, East European & Euraisan Studies (ASEEES) und den Buchpreis der Hungarian Studies Association. Der 1965 geborene Historiker machte 1996 seinen Ph.D. an der Universität von Minnesota. Er spezialisierte sich in seinen Forschungsprojekte auf Mitteleuropa und besonders die Ungarndeutschen, zu deren Geschichte er mehrere Aufsätze veröffentlichte. 2009-2010 war er Gast am Institute for Advanced Studies der Universität Freiburg im Breisgau. Er hatte Assistenzprofessuren an verschiedenen amerikanischen Universitäten und ist seit 2012 Professor für Geschichte an der Universität von Tennessee in Chattanooga.

Swanson wählte einen Untersuchungszeitraum von mehr als hundert Jahren. Als Ausgangspunkt wählte er das späte 19. Jahrhundert. Damit konnte er auch untersuchen, wie die großen Umbrüche des 20. Jahrhundert Einfluss hatten auf die Identität der Ungarndeutschen. Um dies zu verdeutlichen befasste er sich detailliert mit Leben und Struktur eines Dorfs. Scharf trennt er zwischen Einflüssen und von außen und Entwicklungen im Dorf. Und er trennt die Zugehörigkeiten auf in soziale und ethnische Zugehörigkeiten. Swanson untersucht auch, wie letztlich »Minderheiten« erst erfunden wurden. So wird deutlich, dass die Bedeutung von »deutsch« in Deutschland, bei Regierungsstellen in Budapest, bei ungarndeutschen Funktionären in Budapest, beim Pfarrer, beim Lehrer, beim Bürgermeister und bei den Dorfbewohnern sehr unterschiedlich sein konnten. All diese nahmen irgendwie Einfluss auf die Identität. Was das konkret bedeutete für den Bewohner eines Dorfes z. B. in der Schwäbischen Türkei, das untersuchte Swanson akribisch. Herausgekommen ist eine gut lesbare und spannende geschriebene Studie, die zeigt, wie wichtig es ist, die vermeintlich bekannte Geschichte der Ungarndeutschen aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Klaus J. Loderer



Donauwellen Donauwellen

Kulinarische Reise vom Schwarzwald zum Schwarzen Meer

Hrsg. und mit Bildern versehen von Roswitha Riebe-Beicht unter Mitarbeit von Gottfried Beicht und Ulrike Asche-Zeit.
Arachne-Verl. Bonn 2020.
125 S., zahlr. Ill.
ISBN 978-3-932005-89-3
18 € [D], 18,50 € [A]. Bezug: Buchhandel
»Donauwellen« plätschern vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Diese Flussverbindung quer durch Europa nahm die Künstlerin Roswitha Riebe-Beicht als geographischen Hintergrund für die zweite Bedeutung von »Donauwellen«. Der doppeldeutige Titel ist absichtsvoll gewählt, um gleich auf das süße Gebäck aufmerksam zu machen. So hat sie eine Sammlung mit alten Rezepten zusammengestellt.

Die Basis bildete die Backrezeptesammlung ihrer Großmutter. Nach der Rückkehr in ihre Geburtsstadt Straubing baute sie diese aus und sammelte weitere traditionelle Rezepte. Das Interesse an Backwerken dehnte sich im Laufe der Zeit donauaufwärts und donauabwärts aus. Und schließlich entstand das vorliegende Buch über die Küchenkultur entlang der völkerverbindenden Verkehrsader der Donau. Eine frühere Fassung des Buchs entstand zugunsten des Rumänienhilfevereins.

Bevor Roswitha Riebe-Beicht, die mehr als dreißig Jahre als Lehrerin und Künstlerin im Rheinland tätig war, auf kulinarische Donaureise geht, bietet sie zwei Vorbereitungen an. Für die Orientierung der Leserschaft hat sie eine Liste der wichtigsten Städte entlang der Donau angefertigt und eine Übersichtskarte gezeichnet. Ein knapper historischer Querschnitt bietet eine chronologische Übersicht von der Steinzeit bis heute mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Dann wird es mit einer Übersicht zu typischen Getränken kulinarisch. Und die Autorin fasst die verschiedenen Regionalküchen zusammen. Auf einer Seite findet man eine kleine Übersicht mit den siebzehn wichtigsten Gerichten, verteilt auf neun Staaten.

Diese siebzehn Gerichte (von Gaisburger Marsch bis Borschtsch) findet man im nächsten Kapitel mit Rezepten. Der erste Rezeptdurchgang ist nach Staaten sortiert und reicht von Deutschland bis in die Ukraine. Da findet man die wichtigen Klassiker mit Herstellungshinweisen. Das sind die deftigen Rezepte.

Dass es dann um Kaffee geht (übrigens mit einem kleinen Wiener Kaffee-Lexikon), deutet schon an, dass nun ein Schwenk erfolgt. Der Hauptteil des Buchs sind nämlich Backrezepte. Es geht um alle möglichen Arten von Kuchen und Gebäck der traditionellen Backkunst. Die Rezepte sind in drei Kapitel gegliedert: Torten, Kuchen und Gebäck.

Zur Einstimmung würdigt Roswitha Riebe-Beicht, die das Buch natürlich mit eigenen Skizzen und Zeichnungen illustriert hat, erst einmal ihre Heimatstadt Straubing. Die Agnes-Bernauer-Torte und die Bruder-Straubinger-Torte sind die lokalen Spezialitäten. Und damit man die Namen versteht, erklärt die Autorin diese auch netterweise. Dann geht es von Torta à la Anda bis zur Weiße-Bohnen-Torte (ein Rezept aus Bessarabien), von Apfelkuchen ohne Mehl bis zu Zwetschgendatschi und von Anishipperl bis zu Zimtsternen (beides Rezepte von Großmutter Reisbeck). Die historischen Rezepte hat die Autorin so umgearbeitet, dass die Maßangaben vereinheitlicht sind und statt der ominösen »guten Hitze« konkrete Temperaturangaben angeführt sind.

Im Register sind dann noch einmal die Herkunftsländer der Rezepte angegeben. Und für Menschen mit gegenwärtigen Essmoden gibt es noch Hinweise auf »glutenfrei« und »Vollwert«. Von letzteren gibt es etwa zehn Rezepte, für erstere habe ich nur ein einziges Rezept gefunden.

Es gibt schon eine Vielzahl an Kochund Backbüchern zu regionalen Küchen, zur schwäbischen Küche, zur bayerischen Küche, zur österreichischen Küche, zur Wiener Küche, zur slowakischen Küche etc. Die Besonderheit dieser Rezeptesammlung ist aber der Querschnitt durch die verschiedenen Esskulturen. Roswitha Riebe-Beicht stellt die Rezepte aus den verschiedenen Staaten entlang der Donau einander gegenüber. So lassen sich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Regionalküchen leichter fassen und man erkennt, wie sich die verschiedenen Völker gegenseitig befruchtet haben.

Klaus J. Loderer



Donauschwaben Donauschwaben

Deutsche Siedler in Südosteuropa

2., aktualisierte und korrigierte Auflage 2020.
Potsdam 2020. Herausgegeben vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und dem Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm. (Potsdamer
Bibliothek östliches Europa – Geschichte)
Mit zahlr. Abb., Karten und ausführl. Registern. 371 S., gebunden. ISBN 978-3-936168-88-4
[D] 19,80 € [A] 20,40 €. Bezug: Buchhandel
Neuauflage wegen großer Nachfrage: Von deutschen Donauhäfen aus fuhren im 18. Jahrhundert regelmäßig Schiffe flussabwärts. Menschen, die sich im südöstlichen Mitteleuropa eine bessere Zukunft versprachen, ließen sich einschiffen. Die meisten stammten aus den südwestlichen Ländern des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Ihr Ziel war das Königreich Ungarn.

Die Einwanderer nannte man unabhängig von ihrer Herkunft »Schwaben«. Nach 1918 gehörten diese nun »Donauschwaben« genannten Gruppen drei verschiedenen Staaten an. Ab 1944 verloren Hunderttausende durch Flucht, Vertreibung und Deportation ihr Zuhause, Tausende ihr Leben. Ein Großteil fand in Süddeutschland Zuflucht. Die Verbliebenen bilden heute aktive deutsche Minderheiten in ihren Heimatstaaten.

In dieser reich bebilderten Buchpublikation präsentieren die Historiker Gerhard Seewann und Michael Portmann dieses wichtige Kapitel europäischer Migrationsgeschichte.



Neun Jahre lebendig tot Georg Richter
Neun Jahre lebendig tot

Kriegsgefangene in Russland und Ungarn

Wissenschaftlicher Beitrag: Krisztián Ungváry. Mitarbeit: Hans Vastag.
Eigenverlag Ulm 2020.
ISBN 978-3-00-066343-7. 271 S., Ill.
Bezug: Georg Richter, Eichengrund 106, 89075 Ulm, Tel. 0731/26 77 77, E-Mail: Richter.Georg.Ulm@t-online.de
»Wir wollen heim« ist eine Zeile eines Gedichts von Richard Wagner. »Nirgendwo Hilfe, nirgendwo Trost, niemand will helfen, alles verlost« geht das Gedicht weiter. Es beschreibt die hoffnungslose Lage von Männern, die in einem Internierungslager in Ungarn vor der Welt versteckt gehalten und zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Die ungarischen Politiker verleugneten die Existenz dieser Männer. Man kann sich kaum vorstellen, dass sich so etwas in den 1950er-Jahren in Ungarn abspielen konnte.

Die Rede ist vom wenig bekannten aber umso berüchtigteren Lager von Tiszalök. Besucht man diese Gemeinde an der Theiß in Ungarn, fällt vor allem das riesige Stauund Wasserkraftwerk auf, das in den 1950er-Jahren errichtet wurde. Ganz in der Nähe steht ein unscheinbares Denkmal. Es erinnert daran, unter welchen dramatischen Umständen das imposante Bauwerk errichtet wurde. Wie menschenverachtend es beim Bau zuging, das ist heute unverstellbar und gehört zu den düstersten Kapiteln der ungarischen Geschichte. Dass dieses Kapitel nicht vergessen wird, dafür hat sich Georg Richter sein Leben lang eingesetzt. Er hat das Grauen von Tiszalök selbst erlebt. In Reden bei Gedenkveranstaltungen und Veröffentlichungen machte er das Thema immer wieder publik. Nun hat Georg Richter ein Buch veröffentlicht, das die Geschichte des Lagers Tiszalök greifbar macht.

Als die ungarndeutschen Kriegsgefangenen 1950, also erst fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, aus den sowjetischen Gefangenenlagern entlassen wurden, kamen sie nicht nach Deutschland, wo nach der Vertreibung der Ungarndeutschen aus Ungarn von vielen die Angehörigen lebten, sondern nach Ungarn. Sie hofften auf die Freiheit und kamen in eine neue Hölle. Der 1200 Männer bemächtigte sich der ungarische Staatssicherheitsdienst ÁVH und schaffte sie nach Tiszalök in ein neu errichtetes Lager. Dort mussten sie unter schwierigen Umständen, mit Schaufeln und Spaten Erdarbeiten verrichten. In einer Kurve der Theiß wurde in Handarbeit ein zwei Kilometer langer Kanal ausgehoben. So entstanden der Schifffahrtskanal mit einer 85 Meter langen Schiffsschleuse und das Kraftwerk.

»Als 17- und 18jährige wurden wir unter dem Zwang der Nazidiktatur um unsere Jugend betrogen und in einen grauenhaften Krieg hineingetrieben, der uns für das Leben zeichnete. Neun Jahre und mehr sowjetisch-ungarische Kriegsgefangenschaft unter unwürdigen Lebensbedingungen sollen einen Menschen ohne Gedächtnis schaffen.« Dieses Zitat aus dem Buch (Seite 44) sei herausgegriffen, weil es prägnant die Situation beschreibt.

Hatten die Männer in der Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion zumindest zeitweilig brieflichen Kontakt zu ihren Angehörigen, waren sie nun völlig von der Außenwelt abgeschnitten. So war ihnen sogar der Kontakt zu den Zivilarbeitern untersagt. Eine Erhöhung der Arbeitsleistung sorgte schließlich ebenso für Unmut wie die immer noch nicht absehbare Entlassung. Unter einem neuen Lagerkommandanten eskalierte am 4. Oktober 1953 die Situation. Er negierte gar eine Aussicht auf Entlassung vor Fertigstellung des Wasserkraftwerks. Auf Unmutsäußerungen reagierte er drastisch. Einige Männer wurden als »Rädelsführer« verhaftet. Dass sich die anderen Gefangenen für sie einsetzten, darauf reagierte der Lagerkommandant drakonisch mit einem Blutbad. Fünf Tote und dreißig Verletzte waren das traurige Ergebnis. Zur Rechtfertigung wurde den Gefangenen Meuterei und ein Fluchtversuch unterstellt. Doch wurde tatsächlich bald darauf ein Großteil der Gefangenen entlassen. Die letzten kamen aber erst 1955 frei.

Georg Richter speist seinen Text aus persönlichen Erinnerungen, ergänzt um Berichte zu Gedenkfeiern. Im Zentrum des Buchs steht der Aufsatz des bekannten ungarischen Historikers Krisztián Ungváry »Doppelt unschuldig bestraft«, der die Lager deutlich als Konzentrationslager benennt. Er geht auch auf die Vorgeschichte mit den Rekrutierungen durch die Waffen-SS ein. Ungváry spürt auch der Rechtsgrundlage der Internierung der Rückkehrer aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach und stößt auf gesetzeswidrige Vorgänge und ominöse Begründungen. Dazu wurden erst 1952 Verfügungen ausgesprochen über die Internierungen, eineinhalb Jahre nach der tatsächlich erfolgten Internierung. Überhaupt analysiert Ungváry die Umstände ebenso genau wie er sich der Zusammensetzung der Internierten nähert. In einem Punkt rechnet Ungváry heftig ab: die Haftzeit in Ungarn stuft er als wesentlich schlimmer ein als in der Sowjetunion. Selbst die Versorgung im GULag sei besser gewesen. Außerdem seien die Insassen dort nicht von Wachmannschaften misshandelt und gefoltert worden. Genau das sei aber in den Lagern in Tiszalök und Kazincbarcika üblich gewesen. »Die Akten schweigen über solche Fälle, aber die Erinnerungen der Häftlinge sprechen in dieser Hinsicht eine klare Sprache« – resümiert Ungváry. Ganz am Ende sammelt Ungváry noch einige Daten über die ÁVH-Offiziere, von denen einer sogar Direktor der Salamifabrik Pick wurde. [...]

Klaus J. Loderer



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