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Kultur

Zitate alter Meister verfremdet und in die Gegenwart übersetzt

Ausstellung Chiaroscuro des ungarischen Malers András Pinczehelyi in der Galerie Dengler & Dengler in Stuttgart
Zitate alter Meister verfremdet und in die Gegenwart übersetzt
András Pinczehelyi und Steffen Dengler bei der Eröffnung der Ausstellung in Stuttgart. Links sieht man das Bild »Live and let die« und rechts »Carmen«
Foto: Klaus J. Loderer
Betrachtet man die großformatigen Bilder von András Pinczehelyi, so kann es passieren, dass man wähnt, das schon einmal gesehen zu haben. So geht es einem gleich mit dem Bild »Sbagliato«, das in der Ausstellung in der Galerie Dengler & Dengler zu sehen war. Diese Stuttgarter Galerie, die den wunderbaren Beinamen Galerie für Schöne Künste führt, zeigt wieder einmal Arbeiten des ungarischen Künstlers, der 1982 in Fünfkirchen (Pécs) geboren wurde. Doch was meint man wiederzuerkennen im 2012 entstandenen Bild »Sbagliato«? Man könnte die römische Via Giulia erkennen, in der sich übrigens das ungarische Kulturinstitut befindet. Und man könnte sich an ein Gemälde von Caravaggio erinnert fühlen. Tatsächlich hat Pinczehelyi Caravaggios Gemälde des Martyriums des heiligen Matthäus als Gegenwartsszene nachgestellt. Betrunkene Rabauken prügeln hier auf einen Wehrlosen ein. Bei Pinczehelyi ist die Szene brutal und für den am Boden Liegenden ziemlich hoffnungslos. Bei Caravaggio beugt sich vom Himmel ein Engel nieder und streckt dem sterbenden Matthäus einen Palmzweig entgegen – Symbol für das Märtyrertum und die Erlösung. Bei Pinczehelyi ist hier ein Fenster. Auch dieses Fenster ist ein Caravaggio-Zitat, allerdings aus einem anderen Bild, nämlich der Berufung des heiligen Matthäus, das im Originalzusammenhang der Contarellikapelle in der römischen Kirche S. Luigi dei Francesi. Und bei Pinczehelyi prangt oben in der Mitte ein Einfahrt-Verboten-Schild vor der glutrot erleuchteten Gasse, einer Höllenszenerie, aus der die brutalen Schläger sich gerade herausgewälzt zu haben scheinen. Und dann findet sich auf dem Straßenschild noch ein kleiner Aufkleber, auf dem man lesen kann: sbagliato – falsch. Mit einem ironischen Augenzwinkern schickt uns der Maler diese Botschaft. Es ist übrigens nicht nur die Gruppierung der Personen, die an Caravaggio erinnert, es ist auch die Inszenierung des Bildes durch dramatische Hell-Dunkel-Kontraste. Bei Caravaggio scheinen die Personen oft wie von Scheinwerfern angestrahlt, mit harten Schatten versehen, vor mystisch dunklem Hintergrund. Auch Pinczehelyi arbeitet mit diesen harten Schatten und den inszenierten Hell-Dunkel-Kontrasten. Im Bild »Sbagliato« kommt noch ein ausgeprägter Komplementärkonstrast mit starker Warm-Kalt-Wirkung hinzu: die rot leuchtende Straße bildet das farbige Gegenstück zur liegenden Figur in hellblau und der mysteriösen grünlichen Ziege.

Auch einige der vom James-Bond-Film Casino Royale inspirierten Bilder sind in der Ausstellung zu sehen. Ebenso wie ein Motiv der Bildreihe Casino. Aktuell hat Pinczehelyi eine Bildserie erarbeitet, die uns Szenerien aus den Hinterräumen von Unterhaltungseinrichtungen zeigt. Zeigten uns Künstler wie Degas, Toulouse-Lautrec und Picasso tanzende Damen auf der Bühne, führt uns Pinczehelyi in die Garderoben. Da ist die Show erst im Werden. Das Thema des Spiegels in Künstlergarderoben fasziniert Pincezhelyi hier. Denn wir sehen auf dem Bild »A türök« den eigentlich schmalen Garderobenraum mit den vielen Schminkplätzen in unendlich gespiegelter Erweiterung und wir sehen die sich ankleidenden Damen von beiden Seiten: in echt von vorn und im Spiegel von hinten. Auch im Bild »Moulin Rouge« arbeitet Pinczehelyi mit Spiegelungen: zwei Frauen sitzen auf Barhockern, eine hält ein Sektglas. Eine Spiegelung verdoppelt die rechte und weiter hinten sehen wir im Spiegel ein mysteriöses Frauengesicht, dessen Vorbild fast verdeckt ist.

Und den Stuttgarter Besuchern der Ausstellung wird ein Motiv auf einem mit 188 auf 219 Meter sich in altmeisterlicher Größe präsentierenden Bild sicherlich bekannt vorgekommen sein. Ein Mann mit einem Buben auf den Schultern steht vor einem üppigen barocken Brunnen mit geschwungenen Freitreppen. Man mag bei den vorausgegangenen Bildern der Ausstellung nun ein Motiv aus Rom wähnen. Doch findet sich das Original in Stuttgart am Eugensplatz. Es ist der Galathea-Brunnen, den András Pinczehelyi als Referenz an Stuttgart aufgegriffen hat.
Klaus J. Loderer
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