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Rückblick

Im »ungarndeutschen Musterdorf« Ófalu

Eine Fahrt aus Dautphetal nach Cikó
Im »ungarndeutschen Musterdorf« Ófalu
Die Reisegruppe aus Dautphetal auf der Fischerbastei in Budapest
Helmut Hüber
Am Sonntag, dem 22. Mai, brachen 25 Busreisende aus dem hessischen Hinterland zu einem Besuch der Dautphetaler Partnergemeinde Cikó in Ungarn auf. Die Fahrt war wieder vom Arbeitskreis Cikó organisiert worden, Veranstalter war das Busunternehmen Wege aus Dautphetal. Die ursprünglich für 2020 geplante Reise hatte Corona-bedingt zweimal verschoben werden müssen. Es waren diesmal weniger, allerdings auch etwas jüngere Teilnehmer als in den vergangenen Jahren; einige waren zum ersten Mal dabei. Noch in Cikó geboren waren vier der Reisenden – der älteste darunter war bei der Vertreibung gerade mal sieben Jahre alt –, die anderen waren Nachfahren von Cikóer Heimatvertriebenen oder fühlten sich anderweitig mit Cikó verbunden. Zwölf der Teilnehmer gehörten dem Arbeitskreis Cikó oder dem Partnerschaftsverein Cikó-Dautphetal an.

Nach einer Zwischenübernachtung in Österreich kam unsere Gruppe montagnachmittags in ihrem Hotel in Bonyhád an. Abends hatte die Deutsche Selbstverwaltung von Cikó im dortigen Kulturhaus ein Begrüßungsbüffet für uns vorbereitet. Wir wurden von den Gastgebern, an der Spitze die Vertreterinnen der Deutschen Selbstverwaltung Nikoletta Loosz, Liska Jung und Anci Bereti, Bürgermeisterin Zsuzsanna Molnár und Anna Bogos vom Ungarisch-deutschen Traditionsverein, sehr herzlich empfangen und willkommen geheißen.

Seitens der Gäste bedankte sich Helmut Hüber als Sprecher des Arbeitskreises Cikó für die Einladung. Er verhehlte nicht, dass man wegen des Kriegs im Nachbarland Ukraine mit gemischten Gefühlen angereist war. »Wir haben die Reise dennoch gemacht, weil wir nicht wollen, dass die Kontakte, die jetzt längere Zeit geruht haben, völlig zum Erliegen kommen«, so seine Kernaussage. Herzliche Grüße richtete er von Bürgermeister Bernd Schmidt von Dautphetal und vom Vorstand des Partnerschaftsvereins Cikó-Dautphetal aus. Alfred Hausburg, der Vorsitzende, hatte seine Teilnahme aus persönlichen Gründen leider absagen müssen. Mit einem gemeinsamen Abendessen und gutem ungarischen Wein wurde das Wiedersehen gefeiert. Als Gastgeschenke übergab der Arbeitskreis Cikó einen Geldbetrag zur Unterstützung der Arbeit der Deutschen Selbstverwaltung, sowie für die Cikóer Heimatstube einen gerahmten historischen Ortsplan, in dem handschriftlich die Namen der ehemaligen deutschen Bewohner bei den jeweiligen Häusern vermerkt waren.

Der nächste Tag stand den Teilnehmern zur freien Verfügung. Diese nutzten die Gelegenheit zu Privatbesuchen bei Freunden und Bekannten vor Ort oder unternahmen einen ausgiebigen Dorfrundgang in Cikó, um die Örtlichkeiten, wo ihre Vorfahren über 200 Jahre gelebt hatten, wiederzusehen oder erstmals kennenzulernen. Als sehr hilfreich für die Lokalisierung der Grundstücke und Gebäude der früheren Eigentümer erwies sich die Auflistung in der Gedenkschrift zum 60. Jahrestag der Vertreibung, die der Arbeitskreis Cikó 2006 veröffentlicht hatte.

An den folgenden drei Tagen waren Ausflüge angesagt. Das Wetter war optimal und die Veranstalter hatten ein interessantes und abwechslungsreiches touristisches Programm zusammengestellt.

Absolutes Highlight war Budapest. Eine Reiseleiterin erläuterte uns bei einer Stadtrundfahrt die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der ungarischen Hauptstadt. Nach einem Stopp am Burgberg ging es zu Fuß zum Szentháromság tér, dem Dreifaltigkeitsplatz, mit der barocken Pestsäule und den Hauptattraktionen Fischerbastei und Matthiaskirche. Wir genossen den grandiosen Blick auf die Donau und auf die Pester Seite; besonders beeindruckend das kolossale, im neogotischen Stil Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Parlamentsgebäude. Mittagspause machten wir an der Zentralen Markthalle in der Pester Innenstadt mit ihrem historischen Bahnhofsambiente. Über die Andrássy út, dem Budapester Prachtboulevard, unter dem seit 1896 die erste U-Bahn auf dem europäischen Kontinent verkehrt, fuhren wir anschließend weiter zum Millenniumsdenkmal auf dem Hösök tér, dem Heldenplatz. In den halbkreisförmigen Kolonnaden um die zentrale Säule mit dem Erzengel Gabriel sind Statuen ungarischer Herrscher platziert. Der Erzengel hält die beiden Symbole Stephanskrone und Doppelkreuz für den ungarischen Staat in Händen, am Fuß des Denkmals sieht man die markig dreinblickenden magyarischen Stammesfürsten von der sogenannten Landnahme. Der Tagesausflug konnte naturgemäß nur einen ersten, oberflächlichen Eindruck von der äußerst sehenswerten und spannenden ungarischen Hauptstadt vermitteln.

Der zweite Ausflug führte uns donnerstags nach Kalosca, eine der ältesten Städte Ungarns, erzbischöfliche Residenz und heutiges Zentrum des Gewürzpaprikaanbaus. Die Stadtbesichtigung startete im Dorfmuseum und dem angeschlossenen Haus der Volkskunst, wo uns ein junges Paar in ungarischer Tracht mit Tänzen der Region empfing. Im Museumsshop konnten wir die für die Gegend typischen, farbenprächtigen Stickereien bewundern und käuflich erwerben. Im Paprikamuseum erläuterte man uns den Paprikaanbau und seine Verarbeitung. Gemahlener Paprika hat seit über 100 Jahren als nationaler Handelsartikel die ausländischen Märkte erobert. Ein besonderes Erlebnis war das Orgelkonzert auf der berühmten Angster-Orgel in der Barock-Kathedrale. Ihr majestätischer Klang erfüllte die Bischofskirche und hinterließ einen überwältigenden Eindruck bei uns Zuhörern. Auf der Bakod-Puszta aßen wir zu Mittag und schnupperten bei der anschließenden Planwagenfahrt zu den Viehweiden ein wenig Puszta-Romantik. Höhepunkt waren die Vorführungen der Csikós, der Pferdehirten, die für ihre teils waghalsigen Kunststücke verdienten Applaus ernteten und Trinkgelder in dem rundgereichten Hut entgegen nahmen.

Am Freitag war die südungarische Weinstraße um Villány eingeplant. Auf der Hinfahrt besichtigten wir die Wallfahrtskirche in Máriagyüd und das benachbarte Lavendelhaus sowie in Siklós die mächtige, aus dem 12. Jahrhundert stammende noch gut erhaltene Festung. An der historischen Weinkellerreihe an der Hauptstraße in Villány vorbei, kamen wir schließlich nach Villánykövesd. Bei Winzer Blum erwarteten uns eine Weinprobe in dessen Weinkeller und ein schmackhaftes kaltes Buffet mit ungarischen Spezialitäten. Auch die Gelegenheit zum Kauf der verkosteten edlen Tropfen ließen sich die meisten von uns nicht entgehen.

Die beiden letzten Tage verbrachten wir wieder vor Ort und besuchten Verwandte und Freunde. Eine kleine Gruppe fuhr samstags in das »ungarndeutsche Musterdorf« Ófalu. In der Gastwirtschaft Wachtel, die von einer Verwandten einer Reiseteilnehmerin betrieben wird, verbrachten wir vergnügliche Stunden und ließen uns das ausgezeichnete ungarische Büffet munden. Selbstverständlich machten wir auch einen Dorfrundgang und besichtigten die Kirche, das kleine Heimatmuseum und den Kalvarienberg. Sonntags nahmen wir an der zweisprachigen Heiligen Messe in der Cikóer Pfarrkirche teil, zelebriert vom Bonyháder Pfarrer István Wiegand, und besichtigten die Cikóer Heimatstube. Das am 19. Januar im Rahmen der zentralen Landesgedenkfeier für die Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen in Bonyhád eingeweihte Mahnmal stand ebenfalls auf dem Programm. Die Reiseteilnehmer hatten sich bereits während der Busfahrt durch die Veröffentlichungen in den Bonnharder Nachrichten über die Einweihungsveranstaltung und das Mahnmal informiert. Den Abschluss der Reise bildete das gemütliche Beisammensein mit Abendessen im Bonyháder Hotel, zu dem der Arbeitskreis Cikó die ungarischen Freunde eingeladen hatte. Es wurde ein netter Abend und beide Seiten bekräftigten ihren Wunsch nach Aufrechterhaltung der Beziehungen und stießen auf die gemeinsame Zukunft an. Sehr berührend war, die Stimme der im Februar im Alter von 91 Jahren verstorbenen Annusch Studer zu hören, die bei früheren Besuchsreisen nach Cikó für viele von uns stets Anlaufstelle und Gastgeberin war und bei den Bunten Abenden im Kulturhaus mit ihren vorgetragenen Geschichten und Sketchen immer zur Unterhaltung und Erheiterung des Publikums beitrug. Ihre Tochter Anna hatte einen Tonträger mit kurz vor ihrem Tod aufgezeichneten Liedern mitgebracht. Unsere Cikóer Freunde ließen es sich nicht nehmen, jedem Reiseteilnehmer zum Abschied ein kleines Geschenk mitzugeben.

Mit vielfältigen Eindrücken und ein wenig wehmütig brachen wir am Montagmorgen, am 30. Mai, zur Rückkehr nach Deutschland auf. Die Reise hatte bei allen Teilnehmern großen Anklang gefunden. Vielfach wurde der Wunsch nach Wiederholung im nächsten oder übernächsten Jahr geäußert.
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