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Titelthema

Heimatverbundenheit und gemeinschaftsbildende Ereignisse

Mathias Schmausser erzählt im Haus der Ungarndeutschen in Budapest über sein Leben
Man könnte sich fragen, wie kommt die Lebensgeschichte des aus Wigatsch (Bikács) im Komitat Tolnau stammenden Mathias Schmaussers, und die Geschichte der Budaörser Passionsspiele am selben Programmabend der Reihe Auf dem Teppich der Zentrum-Programme im HdU zusammen?

Mathias Schmausser sollte die Zeiten schon als Kind miterlebt haben, als die Passionsspiele in den 1930er Jahren in Wudersch (Budaörs) zuerst vorgeführt wurden – erwähnte Zentrum-Direktorin Monika Ambach in ihre Eröffnungsrede. Gast war am 9. Mai auch Dr. Kathi Gajdos-Frank, die Direktorin des Jakob Bleyer Heimatmuseums in Wudersch (Budaörs), die anschließend zu Mathias Schmaussers Kindheitserlebnisse und Erfahrungen über die Vertreibung auch über die Passionsspiele sprach.

Mathias Schmausser ist 1935 in Wigatsch geboren, wo er seine schönsten Kindheitserlebnisse hatte. Als Erstklässler besuchte er jedoch die Schule im Jahre 1941 in Schorokschar/Soroksár, weil sein Vater dort eine Stelle fand und bei der Öffentlichen Verkehrsfirma arbeitete, wonach er anschließend zum ungarischen Militär einberufen wurde. Als die ersten Bombardierungen der Alliierten auch Schorokschar gefährdeten, zog er mit seiner Mutter nach Wigatsch zurück, wo sie immer und wieder von einem Verwandten zu anderem umziehen mussten, weil die Besitzer der Häuser vertrieben wurden. Die Kindheitsereignisse hatten ihn nicht traumatisiert, er hat sich eher mit Fußballspielen beschäftigt und war auch ein begabter Schüler.

Sein Vater geriet inzwischen in der Sowjetunion in Kriegsgefangenschaft und wurde wegen seiner ungarndeutschen Abstammung mit den deutschen Soldaten in die damalige Ostzone – die späteren DDR – transportiert. Er wollte unbedingt nach Ungarn zurück, aber er hatte natürlich keine Genehmigung gehabt. Zu diesen Zeiten, also ab 1947 befanden sich Mathias Schmaussers Großeltern schon als Vertriebene in der Nähe von Nürnberg. Der Vater kam letztlich auch zu den Großeltern in die Westzone. Auf Antrag des Mutters stellten die örtliche Kommunistische Partei und die Polizeibehörde in Wigatsch 1950 eine Genehmigung aus, dass der Vater aus Deutschland zurückkommen darf. Die Behörde des Innenministeriums in Budapest gestattete jedoch nur die Ausreise von Mathias mit seiner Mutter, aber nicht die Einreise des Vaters. Der Zuzug der Familie wurde auch von den amerikanischen Behörden in Nürnberg gestattet. Sie mussten Ungarn nun endgültig verlassen. Dieser Fall war das große Glück der Familie, es war ein Ausnahmefall, was auch Kathi Gajdos-Frank bestätigte, die als Historikerin über die Umstände dieser Zeiten viel im Themenbereich Überwachung und Vertreibung forschte. Später Erfuhr Mathias Schmausser aus historischen Dokumenten aus Bonn, dass im Jahre 1950 aus Ungarn nur drei Leuten eine Familienzusammenführung genehmigt wurde und nach Deutschland einreisen durften. Im Zug trafen sie noch eine Frau, die sich zu ihnen anschloss, so wusste er, dass es in den Dokumenten um ihnen geht.

Das Familienleben in Deutschland normalisierte sich langsam, Mathias konnte einen Beruf erlernen und Hochdeutsch sprechen, hat schreiben und lesen auf diese Sprache gelernt. Sein Humor und seine Gesprächigkeit hat ihn bis heute nicht verlassen, er war unter anderem ein Mitautor der Ortsmonografie Bikács (Wigatsch) und schrieb mehrere lustige Kurzgeschichten für Unser Hauskalender. Er nimmt am gemeinschaftlichen Leben der Ungarndeutschen sowohl in Deutschland wie auch in Ungarn aktiv teil, was vermutlich auch auf seine Heimatverbundenheit zurückzuführen ist, die in seinen Kindheitserlebnissen wurzelt und der damaligen zusammenhaltenden ungarndeutschen Wigatscher Gemeinschaft zu verdanken ist.

Ohne ein reges Vereinsleben, den Zusammenhalt und die aktive Mitwirkung der örtlichen Gemeinschaft wären die Budaörser Passionsspiele in den 1930er Jahren auch nicht zustande gekommen, erwies sich anhand des Vortrags von Kathi Gajdos-Frank.

Die Leidensgeschichte Christi wurde zum ersten Mal 1931 im Gasthaus Müller von der kunstliebenden Lyra-Sektion des Budaörser Levente Vereins vorgetragen. Im Sommer 1933 warben schon in Budapest Plakate mit den Schlagzeilen »Kommen Sie zu den Passionsspielen nach Budaörs!«.

Die Budapester Großstädter waren eher skeptisch, sie glaubten einfach nicht, dass diese Schwaben aus der Provinz ihnen überhaupt etwas anzubieten haben. In den folgenden Jahren wurden die Budaörser Passionsspiele berühmt, Wudersch wurde zum »ungarischen Oberammergau«.

Sechs Jahre lang, jeden Sommer im Juni, Juli und August, meistens sonntags, wurde es auf dem Wuderscher Steinberg aufgeführt. Zu den Bahntickets zu den Passionsspielen erhielt man sogar bestimmte Ermäßigungen in verschiedenen örtlichen Gaststätten und Restaurants. Damals haben nur Wuderscher – um die 200 Leute – mitgespielt, die meisten waren deutsche Muttersprachler, es gab aber auch Aufführungen in ungarischer Sprache. Alle mussten das ganze Spiel dann auch (außer dem damaligen Christusdarsteller Ladislaus Bató, der ungarischer Muttersprachler war) auf Ungarisch erlernen. Regisseur, Autor und auch finanzieller Unterstützer der Spiele war der vielbegabte Volksschullehrer Géza Bató. Er hat sogar Kulissen aus Beton und Stein auf dem Steinberg bauen lassen, die mit dem imposanten Schauplatz und Atmosphäre auch wesentlich zum Erfolg der Spiele beitrugen. [...]
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