Unsere Post – Startseite
Startseite » Aktuelle Ausgabe 10-12/2025 » HERZENSSACHE
Titelcover der aktuellen Ausgabe 10-12/2025 - klicken Sie für eine größere Ansicht
Die neue Schriftleiterin
Ihre Beiträge zu
Familiennachrichten und andere Meldungen senden Sie bitte an
die Schriftleitung.
HERZENSSACHE

ERINNERN UND WEITERGEBEN

ERINNERN UND WEITERGEBEN
Der November ist die Zeit des Gedenkens. An Allerheiligen und Allerseelen zünden wir Kerzen an, denken an unsere Verstorbenen, an jene, die uns geprägt und begleitet haben. In diesem Jahr hat das Erinnern für uns Ungarndeutsche eine besondere Tiefe: Vor 80 Jahren begann die Vertreibung unserer Volksgruppe. Unzählige Familien wurden auseinandergerissen, ganze Gemeinden verloren ihr vertrautes Gesicht.

Auch mein Heimatdorf war einst überwiegend ungarndeutsch – bis die Geschichte sein Gesicht veränderte. In die Häuser der vertriebenen Familien wurden Székler aus der Bukowina und Ungarn aus dem Oberland gebracht. Meine eine Großmutter – wie auch die beiden Großväter – gehörten zu den Heimatverbliebenen, die nur durch Zufall nicht vertrieben wurden: Ihre Namen standen schon auf der Liste, als die Transporte plötzlich gestoppt wurden. Meine andere Großmutter aber war eine Széklerin, die nach der Umsiedlung in das Dorf kam, das fortan auch ihre neue Heimat wurde.

Erinnerung, Verlust und Neubeginn standen untrennbar nebeneinander. Zu unterschiedlich waren die Erfahrungen, zu groß der Verlust, das Unverständnis, die Trauer – auf beiden Seiten. Deshalb war es lange schwer, über diese Wunden zu sprechen. Erst kurz vor ihrem Tod vertrauten mir beide Großmütter Details ihrer Geschichten an – die eine, als ich sie zum allerletzten Mal sah. Vielleicht wollten sie mir damit mitgeben, dass man das Vergangene nicht ungeschehen machen kann, aber dass man es verstehen muss, um weiterzugeben, was bleibt – die Achtung voreinander, das Mitgefühl, die Demut vor dem Schicksal. Und vielleicht auch die Hoffnung, dass aus geteiltem Leid eines Tages Verständnis und Versöhnung wachsen können.

Das Licht der Gedenkkerzen erinnert uns auch daran – still, aber eindringlich. Besonders ermutigend ist, dass junge Menschen heute wieder fragen, zuhören und die Geschichten ihrer Familien neu entdecken. Das zeigte sich eindrucksvoll bei der jüngsten Kulturtagung der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, bei der Jugendliche mit großem Engagement über ihre ungarndeutschen Wurzeln, über Identität und Verantwortung sprachen. Sie tragen weiter, was unsere Gemeinschaft stark macht: die Verbundenheit über Generationen hinweg und das Bewusstsein für unsere Wurzeln.

75 Jahre nach der Unterzeichnung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen wissen wir, dass aus Erinnerung Versöhnung wachsen kann. Frieden, Freiheit und das Miteinander der Völker bleiben unser Auftrag – gestern wie heute, für ein gemeinsames Europa.

Diese Ausgabe der „Unsere Post“ widmet sich in besonderer Weise dem Erinnern und Weitergeben. Ich empfehle sie allen unseren Leserinnen und Lesern – aber ganz besonders jenen, die die Jahre der Vertreibung und des Neubeginns selbst erlebt haben und heute in Deutschland leben. Ihre Lebensgeschichten sind ein unschätzbarer Teil unseres gemeinsamen Gedächtnisses.

Herzlichst,
Kristina Szeiberling-Pánovics
Schriftleiterin 
Lesen Sie mehr in der Printausgabe.

Zurück zur Startseite

Sie haben die Wahl ...
weitere Infos
Anzeigen
Mit Anzeigen und Inseraten erreichen Sie Ihre Zielgruppe. Anzeige aufgeben
Unsere Post
Telefon: +49 (0) 711 44 06-140 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum | Barrierefreiheit