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Kultur

Zerstörte Stadt und Rokokointerieur

Bühnenbilder von Dieter Richter an der Oper Bonn für Verdis »Attila« undMozarts »Così fan tutte«
Zerstörte Stadt und Rokokointerieur
Mozarts »Così fan tutte« an der Oper Bonn
Foto: Thilo Beu
Mit feinem Gespür für die Stimmungen eines Stücks entwirft Dieter Richter phantasievolle Bühnenbilder. Für die Neuproduktion von Verdis »Attila« entwarf Richter ruinöse Häuserfassaden. Außerdem war im Februar auch wieder die überaus erfolgreiche Produktion von Mozarts »Così fan tutte« zu sehen, für die Richter ein schönes Rokoko-Interieur gestaltet hat. Das sind in dieser Zusammenschau starke Kontraste, die aber jeweils dem Stück geschuldet sind.

Schauen wir uns zunächst die Premierenproduktion »Attila« an. Sehr melodisch ist diese Oper. Einen schier unglaublichen Melodienreigen hat Giuseppe Verdi über seine Oper »Attila« ausgegossen, eine ist schöner als die andere. Dabei geht es in dieser Oper nicht gerade um nette Leute. Der Heerführer Attila durchzieht mit seinen Hunnen gerade metzelnd und mordend Europa. Ezio kommt das gar nicht ungelegen, könnte er doch so die Macht in Italien übernehmen und den römischen Kaiser beseitigen. Odabella und Foresto möchten Attila umbringen. Odabella verhindert aber Forestos Mordanschlag, indem sie Attila vor dem vergifteten Trank warnt – sie selbst möchte ihn umbringen.

Als Illustration für diese Oper prangt groß an der Fassade der Oper Bonn Artemisia Gentileschis Gemälde »Judith und Holofernes« – dieses Thema habe ich vor ein paar Tagen beim entsprechenden Scarlatti-Oratorium vorgestellt. Auf dem Gemälde wird der alttestamentarischen Erzählung entsprechend gezeigt, wie Judith gerade dem Holofernes mit dessen Schwert die Gurgel durchschneidet. Diese Entsprechung zum Mord in der Liebesnacht gibt es tatsächlich auch in Verdis Oper, in der am Ende Odabelle Attila in der Hochzeitsnacht umbringt. Und wie in der Judithgeschichte läßt sich auch Odabella mit Attila ausschließlich deshalb ein, um ihn umzubringen – ein interessanter Eheschließungsgrund. Diese Parallele dient für die Bonner Inszenierung als Inspiration der Schlüsselszene, die der Zuschauer allerdings gleich am Anfang andeutungsweise vorgespielt bekommt, wenn hinter der die Bühne noch verschließenden Hausfassade ein Zimmer mit einem Bett auftaucht: ein Mann mit nacktem Oberkörper legt sich auf das Bett, zwei Frauen setzen ein Schwert an seinem Hals an. Immer wieder sieht man diese Szene wie einen Alptraum – aber erst in der Schlußszene spritzt dann tatsächlich das Blut.

Dieser Mord soll tatsächlich historisch sein. Attila soll von einer seiner Frauen umgebracht worden sein. Aus dem historischen Hintergrund flossen zwei weitere Szenen in die Oper ein. Die Gruppe von Flüchtlingen in der Lagune besingen mit dem Entstehen einer neuen Stadt pathetisch die Gründung Venedigs, das hat das italienische Publikum der Uraufführung natürlich verstanden. Und auch die Szene vor den Toren Roms, wenn der Papst mit seinem Gefolge Attila entgegentritt und dieser auf die Knie fällt gehört bildet ein wichtiges Detail römischer Kirchengeschichte oder ist zumindest ein wichtiger Mythos.

Gönnt die Bonner Inszenierung der Lagunenszene den Pathos, gibt Regisseur Dietrich W. Hilsdorf der in den Kostümen (Kostüme Renate Schmitzer) prunkvollen Rom-Szene dann doch einen gehörigen Schuss Ironie bei, wenn der Papst auf einem Hubwägelchen heroinkutschiert wird und der Fahrer dann gelangweilt Zeitung liest.

Den Rahmen für die Bonner Inszenierung bildet ein grandioses Bühnenbild von Dieter Richter. Zum Vorspiel ist die Bühne durch ein großes Tableau verschlossen, das die Fassade eines großen Mietshauses zeigt. Im Erdgeschoss sind Arkaden. Unsanft ist ein Garagentor eingebaut. Dahinein passt genau ein Gestell aus Gerüststangen, das das Attilas Schlafgemach aufnimmt. Die geöffnete Bühne gibt den Blick frei auf einen fast realistisch nachgebauten Platz in einer Stadt, mit durch kriegerischen Beschuss arg in Mitleidenschaft gezogenen Fassaden. Im Hintergrund sehen wir nun räumlich die anfangs gemalte Fassade. Oben ist der Häuserblock schon eingestürzt, die Mauern ragen nur noch als Ruinen auf. Dieser Platz bildet den Rahmen für die gesamte Aufführung. Den Szenenwechsel auf die Lagune hat Dieter Richter geschickt gelöst, indem ein Vorhang quer über die Bühne gezogen wird, der den Blick auf das Meer zeigt. Ein nettes ironisches Element ist hinten links die Würstchenbude, die für die Bewirtung beim Fest sorgt.

Soldaten rennen kämpfend durch die Stadt, Zivilisten versuchen sich in den Ruinen zurechtzufinden. Um einen verheerenden Krieg geht es in der Oper, wir sehen ihn deutlich, allerdings nicht in der Spätantike sondern im 20. Jahrhundert. Geschickt bewegt Regisseur Hilsdorf die Chormassen, ergänzt durch nicht wenige Statisten. So entsteht eine kurzweilige Aufführung, der ohne Pause gespielten, ohnehin nur zwei Stunden dauernden Oper.

Die Figur des Attila steht im Zentrum der Oper. Sehr präsent gestaltete Franz Hawlata diese Partie. Allerdings hat er sich mit dieser Rolle zumindest in der Vorstellung am 5. Februar doch etwas übernommen, was schade ist, da man ihn doch als guten Sänger in Erinnerung hat. Aber immerhin, er singt seine Partie im Gegensatz zu den Mitsängern, die ihre Rollen vor allem mit Lautstärke gestalten. Das ist nun leider ein Problem bei Yannick-Muriel Noah als Odabella ebenso wie bei George Oniani als Foresto. Will Hamburg dirigierte das Beethoven-Orchester Bonn. [...]
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