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Kultur

Husarenliebe in ungarischem Schloss

Balázs Kovalik inszeniert »Ein Herbstmanöver« von Emmerich Kálmán am Stadttheater Gießen
Mann A liebt eine Frau. Diese heiratet aber den reichen Mann B, der bald stirbt. Mann A ist zu stolz ihr nun den Hof zu machen, obwohl er sie immer noch liebt. Dieses Thema kennt man aus Lehárs Operette »Die lustige Witwe«. Dieser Stoff ist auch der Kern von Emmerich Kálmáns wenig später entstandener Operette »Ein Herbstmanöver«. Allerdings kommt bei Kálmán noch die Würze dazu, dass B die Familie von A auch noch aus dessen Schloss vertreibt. Nun kommt A im Zuge eines Herbstmanövers als Offizier zum Schloss seiner Familie, will es aber aus Stolz nicht betreten. Dass diese Geschichte in Ungarn spielt, die Soldaten Husaren sind und die Musik viel ungarische Anklänge enthält, trug sicherlich zum Erfolg der Operette bei, die am 22. Februar 1908 unter dem Titel »Tatárjárás« (Tatarenplage) am Lustspieltheater (Vígszinház) an der Großen Ringstraße in Budapest mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Fesche Husaren, heißblütige ungarische Maiden, flotte Marschmusik wie freche Couplets sind eine gute Mischung für eine erfolgreiche Operette – wenn auch die lustige Witwe hier eher als traurige Witwe Baronin Riza von Marbach in ihrem Schloss sitzt und immer noch ihrem damals verschmähten Lörenthy (nicht etwa dem verstorbenen Ehemann) nachheult. Das sorgt für einen stellenweise tragischen Unterton in dieser Operette und unterscheidet »Ein Herbstmanöver« vom Tanzmelodienfeuerwerk in »Die lustige Witwe«. So umweht die Hauptpersonen Riza und Lörenthy ein starker Hauch von Melancholie, die Kálmán musikalisch sensibel umsetzt, etwa in dem wunderbaren langsam-traurigen Walzer »Mondenschein«, gewissermaßen das Hauptmotiv für dieses Paar.

Für die nötige Komplikation, damit sich das Paar nicht sofort findet, sorgt in »Ein Herbstmanöver« der Stolz Lörenthys. Es könnte so einfach sein: die Husaren kommen zum Herbstmanöver, die Offiziere sind im Schloss einquartiert, man könnte also leicht zueinander kommen. Doch Lörenthy hat sich geschworen, sein ehemaliges Schloss nie wieder zu betreten. Also kampiert er erst einmal im Freien. Als Riza seinen Besuch provozieren möchte, antwortet er hochmütig, sollte das jemals vorkommen, werde er »tanzen wie ein Schneidergeselle und trinken wie ein Bürstenbinder«. Dem Ball der Baronin bleibt er zwar fern, als im laufenden Manöver dann doch ein Angriff droht, muß er doch ins Schloss, um die Offiziere zu holen. Als Mann von Ehre lässt er sich von Riza beim Wort nehmen, besäuft sich, tanzt und bittet dann Treszka um ihre Hand. Nun ist die Sache also völlig verfahren: das Happy End weiter entfernt denn je, denn Lörenthy droht ein Disziplinarverfahren und schließlich gibt es neben Riza noch eine zweite Frau, die ihn liebt. Da Treszka allerdings die Tochter des Generals ist, sorgt sie für gute Stimmung beim Herrn Papa und verzichtet schließlich zugunsten von Riza um seine Hand. Also endlich: Happy End. Für Treszka gibt es natürlich auch einen Verehrer, der ihr die ganz Operette hindurch hinterherläuft, nämlich den Einjährig-Freiwilligen Marosi. Somit hätten wir nun das Buffo-Paar der Operette entdeckt: Treszka und die Melde-Gehorsamst-Karikatur Marosi – übrigens in der Uraufführung eine Hosenrolle (diese waren in Budapest in der Zeit beim Publikum sehr beliebt).

Die Uraufführung in Budapest war sehr erfolgreich. Die meisten Musiknummern mussten sogar mehrmals wiederholt werden. Es handelt sich um das erste größere Werk Kálmáns, der vorher nur mit Liedern, Musik- und kleinen Bühnenstücken hervorgetreten und vor allem als Musikkritiker hervorgetreten war. Da die Direktoren des Theater an der Wien damals gerade mit einer Produktion von Leo Fall in Budapest waren und von »Ein Herbstmanöver« angetan waren, luden sie Kálmán ein, das Stück auch in Wien herauszubringen. Karl von Bakonyi übertrug die Sprechtexte ins Deutsche. Die Liedtexte stammen übrigens von Robert Bodanzky. Kálmán baute die Musik weiter aus, da die Wiener Produktion im Gegensatz zu Budapest nicht an einer Sprechbühne sondern an einem auf Operetten spezialisierten Theater herausgebracht werden sollte. Trotz der distanzierten Kritiken war der Erfolg der von Robert Stolz dirigierten Erstaufführung am 22. Januar 1909 beim Wiener Publikum sehr gut. Besonders die komischen Nummern schlugen ein, darunter Marosis anzügliches Kusslied (gesungen von Louise Kartousch – auch in Wien eine Hosenrolle). Besonderen Erfolg hatte Max Pallenberg als Reserve-Kadett-Feldwebel Wallerstein mit dem bei der Premiere dreimal wiederholten Löbl-Couplet, das übrigens als Schallplattenaufnahme erhalten ist.

War es bei der »Csárdásfürstin« die freche Darstellung des Adels, über die sich der Adel aufregte, war es bei »Ein Herbstmanöver« die freche Darstellung des k.u.k. Militärs, über die sich das Volk amüsierte und die konservative Presse und vermutlich auch das Militär aufregte. Für diese war wohl schon die Hosenrolle Marosi (in ihrer Wirkung als Husaren-Amazonen) aber noch mehr der jüdische Wallerstein eine Zumutung. In der Gießener Produktion machte man aus Wallerstein dann gar noch einen schwulen Reservisten. Hätte man den Marosi in Gießen als Hosenrolle belassen, hätte man die Steilvorlage für weitere Anzüglichkeiten gehabt.

»Ein Herbstmanöver« lief überaus erfolgreich mit mehr als 300 Vorstellungen in Wien. Noch 1909/1910 folgten Aufführungen in Hamburg, Berlin, Stockholm, Genua, Prag, Laibach, Helsinki, London und Moskau. »Das Kusslied«, in dem sich »süßes Katzi« auf »Bussi-Schatzi« reimt, entwickelte sich in Wien schnell zum Gassenhauer, der übrigens sogar noch von Peter Alexander gesungen wurde. Im Lied geht es um das Mädchen Gretel, das gerne einmal eine Kavalleriekaserne von innen sehen möchte und vom Husarenkorporal bis zum Regimentsarzt die gesamte Kaserne küsst. In der anzüglichen Spätabend-Beisl-Variante erlebt sie in der Kaserne mit den Husaren noch ganz andere Dinge. [...]
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