Unsere Post – Startseite
Startseite » Archiv » 2009 » Ausgabe 3 » Zum Feierabend
Titelcover der archivierten Ausgabe 3/2009 - klicken Sie für eine größere Ansicht
Aktuelle Veranstaltungen
in Deutschland und Ungarn finden Sie hier.
Bücherecke
Museen
Die Schriftleitung
Ihre Beiträge zu
Familiennachrichten und andere Meldungen senden Sie bitte an
die Schriftleitung.
Zum Feierabend

Das Sonntagsmittagessen

Eine Erzählung
Das Sonntagsmittagessen
Magdalena, Jakob, Johann, Rosalia und Anna Hambuch in Bonyhádvarasd
Einsender: Martin Genczler
In der großen Küche stand die Hausfrau mit roten Backen am Herd und kostete die fast fertige Hühnersuppe. Dieser Tag war ein besonderer Sonntag, der Abschluss einer besonderen Woche. Der junge Lehrer der ersten Klasse, in die ihre Tochter ging, war an diesem Sonntag Gast der Familie. Die kleine Elisabeth trug die ganze Woche im Speiseträger das Mittagessen für den Klassenlehrer. Schuldirektor Taschnadi bat den Elternbeirat, zu dem auch Maria gehörte, den zwei neuen jungen Lehrern unter die Arme zu greifen. Der eine unterrichtete Sport und Geographie, der andere Musik und Literatur. So entschloss sich der Elternrat, dass jede Familie je einen Lehrer eine Woche lang bekocht. Der »verträumte« Musiklehrer wurde zu Maria eingeteilt. An diesem Sonntag kam er erstmals in ihr Haus. Ihr Gekochtes aß er schon die ganze Woche, doch das Festmahl kam an diesem Tag an die Reihe.
Jede Familie war arm an Geld. Doch Maria und ihr Mann waren fleißige Menschen. Daniel kam aus Siebenbürgen, Maria aus Csákvár. Es war eine reformierte Familie mit tiefem Glauben. Sie arbeiteten Tag und Nacht für neun hungrige Mäuler, für die Kinder und die alten Eltern. Im großen Garten wuchs das Gemüse für das ganze Jahr. Auf der Wiese weideten Schafe und Kühe. Im Hof liefen Hühner, Enten und Gänse herum. Man schrieb September 1957.

Der Vater saß eben wegen seiner politischen Ansichten im Knast. Zu Hause warteten fünf kleine Kinder, das kleinste noch in der Wiege. Marias alte Mutter war die einzige Unterstützung der jungen Frau. Sie war aber auch schon über 80.
Die Kinder spielten den ganzen Vormittag artig im Zimmer. Der Größte unterhielt sie. Er erzählte ihnen Märchen. Sie mussten an diesem Tag besonders brav sein, da der Lehrer zum Mittagessen eingeladen war. Jede Minute schaute eines der vier Kinder, das Näschen an das Glas rückend, durch das Türfenster.
Sie waren nervös, konnten sich kaum auf das Märchen konzentrieren. Sonst hörten sie still und mit geöffnetem Mund dem Bruder oder der Mutter beim Erzählen zu. Aber heute waren sie zu erregt.

Auch der Mutter ging es nicht anders. »Ist das Fleisch weich gebraten? Brennen die Kartoffeln nicht hin? Jetzt die Gurken schälen, einsalzen! Ach, den Kuchen riech ich schon!« Schnell nahm sie das Küchentuch und öffnete den Backofen. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass der Kuchen wunderschön hoch gebacken war. Sie nahm ihn heraus , stellte ihn abseits und deckte ihn mit einem Küchentuch ab. Der Gurkensalat war auch vorbereitet. Sie schnaufte sich eine Minute aus. Dann ging sie schnell ins Zimmer, um nach den Kindern zu schauen und aus dem Schrank die schönste Tischdecke zu holen.
Die Kinder liefen laut zur Mutti, sie umarmte den Nächsten, streichelte den Kopf der anderen und versuchte sie zu beruhigen. Die Stubentür machte sie hinter sich zu. Sie deckte den Tisch. Der einzige Luxus war die Tischdecke, die sie zu ihrer Hochzeit bekommen hatte. Auf einmal fing das Baby an zu schreien. Es lag im Kinderwagen in der Küche. Es übernahm die Nervosität der Familie. Der Schrei wollte nicht aufhören, wurde immer lauter. Die Oma kam schnell aus der Stube, wo sie unter den Größeren saß. Sie wollte das Kind in den Traum schaukeln. Doch es hatte sich anders entschieden, das Bübchen hörte nicht auf zu weinen.

Klara Burghardt
Lesen Sie mehr in der Printausgabe.

Zurück zur Startseite
Unser Hauskalender 2024

weitere Infos zum Hauskalender 2024



Sie haben die Wahl ...
weitere Infos
Anzeigen
Mit Anzeigen und Inseraten erreichen Sie Ihre Zielgruppe. Anzeige aufgeben

Unsere neue Dienstleistung für Verlage, die Ihr Abogeschäft in gute Hände geben wollen.


aboservice

mehr
Informationen


Unsere Post
Telefon: +49 (0) 711 44 06-140 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum