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Zum Feierabend

János Arany in seiner Zeit – Leben und Werk

Dem ungarischen Nationaldichter zum 200. Geburtstag
János Arany in seiner Zeit – Leben und Werk
Foto: Gudrun Brzoska
In diesem Jahr feiert das literarische Ungarn den 200. Geburtstag seines großen Nationaldichters János Arany. Wir möchten mitfeiern und an die literarische Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts in Ungarn erinnern:

Wer war der Dichter, der ganzen Generationen als Vorbild und Leitfigur diente, den seine Zeitgenossen so sehr verehrten, dass sie ihm bereits zehn Jahre nach seinem Tod ein Denkmal weihten? Wer war der Zeitgenosse, dessen Werke im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert auch zahlreich ins Deutsche übersetzt wurden – und der heute in Deutschland so gut wie unbekannt ist?

János Arany hat »nur« gedichtet, keine Romane geschrieben, weshalb er, wie schon Antal Szerb in seiner ungarischen Literaturgeschichte bemerkte, auch kaum auf Dauer über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde. Dabei lesen sich seine Epen und Balladen spannend, als Abenteuer- und Ritterromane, welche gleichzeitig das nationale Empfinden des damaligen Ungarn widerspiegeln. Das empfanden auch seine Zeitgenossen so.

Sándor Márai schwärmte 1942 in seinen Betrachtungen »Himmel und Erde« von ihm: »Wir sprechen seinen Namen aus, und sogleich stürmen großartige Bilder auf unser Bewusstsein ein. […] Wir hören Wörter, die so frisch, wild, sanft, duftend, würzig, glänzend, tief, stark, genau und funkelnd sind, als ob das Universum und das Leben in diesen Wörtern jetzt zum ersten Mal ihren Sinn bekämen. […] Als ob jemand mit Gold, mit purem Gold hantieren würde. Ja, Arany – also Gold.« Arany ist tatsächlich das ungarische Wort für Gold.

Und Antal Szerb, der große Stücke auf Arany hielt, schrieb in seiner Ungarischen Literaturgeschichte: »Würden die Naturgeister, die Dschinnen aus Tausend und eine Nacht eines schönen Tages Ungarn packen und mit sich weit forttragen, so dass an Ungarns Stelle nur noch die Werke von János Arany blieben, könnte man aus diesen magischen Büchern Ungarns Charakter (Eidos) restlos auslesen.«

Seine Zeitgenossen erkannten ihn als großen Dichterfürsten an, der bescheiden lebte und auftrat, ständig an sich und seinem Talent zweifelte, so dass er seine Dichterkollegen immer wieder erstaunte. Ungarns bedeutendster ästhetischer Kritiker der damaligen Zeit, der Dichter Prof. Paul Gyulai, sagte mit Recht in seiner Gedenkrede über Arany (gehalten am 28. Oktober 1883): »Wer hätte gedacht, dass in dem trübsinnigen, bleichen Knaben dort in der verwitterten Hütte ein Genie schlummere? Wer hätte ahnen sollen, dass der zaghafte, schweigsame Student dereinst in unserer Dichtkunst eine neue Welt erschließen und der Dolmetsch kaum gekannter Herrlichkeiten unserer Sprache werden würde? […] Er war bis an sein Ende der anspruchsloseste Mann in Ungarn, aber in gewisser Hinsicht zugleich auch die empfindlichste, die stolzeste Seele im Lande. … fortwährend aber lebte er unter Aufregungen des eigenen Gewissens. Mit puritanischer Strenge erfüllte er alle seine Pflichten und ängstlich wahrte er seine moralische und schriftstellerische Würde.«

Bevor wir uns allerdings dem großen Dichter zuwenden, schauen wir uns sein Umfeld an, das 19. Jahrhundert. Dabei möchte ich festhalten: Da es auf Deutsch fast nichts in moderner Arany-Forschung zu lesen gibt, außer der »Ungarischen Literaturgeschichte« (2015) von Ernő Kulcsár Szabó und Dissertationen, die sich mit einigen Arany-Themen beschäftigen, habe ich hier fast ausschließlich auf zeitgenössische Dokumente – enthalten in ungarischen, aber deutschsprachigen Zeitschriften vom Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts – zurückgegriffen. Ich empfand das als sehr reizvoll, Arany in der Beurteilung seiner Zeitgenossen, zu studieren – und ich hoffe, auch Sie, liebe Leser mit etlichen »Gold«-Körnchen bekannt zu machen.

Das 19. Jahrhundert war ein überaus spannendes Jahrhundert, das tief in die Geschichte nicht nur Ungarns eingriff. Die Vorläufer für große Umwälzungen vor allem der Sprache, begannen bereits Ende des 18. Jahrhunderts mit Herders sog. »Prophezeiung«, im Jahre 1788, dass die Ungarn mitsamt ihrer Sprache aussterben würden. Herder war überzeugt, dass nur ein Volk, welches seine Lieder und Traditionen pflegt, überleben könne – und aus Ungarn wurde ihm kein einziges Lied überliefert.

Zur Erinnerung: Ungarn war nach den Türkenkriegen, die erst 1718 mit einem Friedensschluss endgültig beendet worden waren, weitgehend entvölkert, so dass die ungarischen Stände Kaiser Karl VI. 1722/23 aufforderten, »freie Personen jeder Art« ins Land zu rufen und überall darum zu werben. Da kann man sich vorstellen, dass in diesen wüsten unsicheren Zeiten Mythen und Volkslieder der ungarischen Bevölkerung vorübergehend verschwunden waren.

Unter anderen Nationalitäten waren viele Deutsche ins Land gekommen, später als »Donauschwaben« bezeichnet, so dass mit Hilfe des Wiener Hofes deutsches Fachwissen, deutsches Gelehrtentum, deutsche Kultur sich in Ungarn verbreiteten. Man sprach – wenn nicht lateinisch – dann deutsch – in den gebildeten Kreisen, im Adel. Von da her ist Herders »Prophezeiung« zu verstehen.
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