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Berichte aus Ungarn
Verfahren gegen Ungarn
Neues Hochschulgesetz soll europäisches Recht verletzten
Die Europäische Kommission hat gegen Ungarn ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Das neue Hochschulgesetz verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen europäisches Recht, begründete Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovski das Vorgehen. »Das Gesetz ist ein Angriff auf ein freies Europa«, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans am 26. April im Europäischen Parlament. Allerdings betonte Timmermans im Hinblick auf die Wendezeit 1989 auch, dass es auch ein Verdienst Ungarns sei, dass heute in Europa Freiheit und Demokratie herrschen. »Dialog ist der europäische Weg, Missverständnisse auszuräumen und Probleme zu lösen.«
Die ungarische Regierung muss sich nun binnen eines Monats äußern. Danach prüft die EU-Kommission, ob sie eine Stufe weitergehen möchte und eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anstrebt.
Nach Meinung der EU-Kommission verletze das ungarische Hochschulgesetz Regeln des Binnenmarkts, schränke die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ein und verstoße gegen internationale Handelsabkommen. Auch das Recht auf Bildung und die akademische Freiheit würden eingeschränkt. Man fürchtet in Brüssel um den Bestand der 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründeten Central European University, da das neue Gesetz ausländischen Universitäten vorschreibt, auch in ihrem Heimatland einen Hochschulsitz zu haben und die Befugnis zur Verleihung ungarischer akademischer Abschlüsse einschränkt.
Im Europäischen Parlament verteidigte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán das neue Hochschulgesetz, das alle ungarischen Hochschulen beträfe und nicht nur die eines »amerikanischen Finanzspekulanten«. Der Vorwurf sei so absurd, »als verurteile man jemanden des Mordes, obwohl das Opfer noch lebe.« In der Debatte im Europäischen Parlament wurde Orbán allerdings teilweise scharf angegriffen. Der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt kritisierte, dass Ungarn EU-Fördergelder annehme, aber sich gemeinsamen Werten verweigere. Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) Manfred Weber (CSU) kritisierte, dass Studenten der Central European University nun nicht mehr einen amerikanischen und einen ungarischen Hochschulabschluss erwerben können.
Parallel griffen Fidesz-Mitglieder den amerikanischen Milliardär Soros an, ein »unverfrorenes Lobbying« gegen Ungarn zu betreiben. Der ungarische Parlamentsvizepräsident Gergely Gulyás beklagte, dass eine große Zahl von Abgeordneten im Europäischen Parlament Soros über von ihm finanzierte Organisationen verbunden seien.

Wissenschaftsfreiheit verteidigen

Mit Blick auf die drohende Schließung der Central European University (CEU) in Budapest betrachtet die Bundesregierung die Änderung des ungarischen Hochschulgesetzes »mit großer Sorge«. Das sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in der Regierungspressekonferenz. »Ich möchte für die gesamte Bundesregierung ganz deutlich machen: Die Wissenschaftsfreiheit ist für uns ein hohes Gut.«
Das Gesetz wurde vom ungarischen Parlament im Eilverfahren verabschiedet. Demnach dürfen ausländische Universitäten mit Trägerinstitutionen außerhalb der EU künftig nur noch dann einen Lehrbetrieb in Ungarn unterhalten und Diplome vergeben, wenn darüber mit der Regierung des Herkunftslandes ein internationaler Vertrag abgeschlossen wird. Zudem muss die betreffende Universität auch in ihrem Heimatland eine Bildungseinrichtung unterhalten. Die CEU erfüllt diese Bedingungen nicht. In Budapest hatten Tausende gegen die Gesetzesänderung protestiert.
Durch die Gesetzesänderung in Ungarn entstehe der Eindruck, dass damit der Betrieb von Hochschulen mit ausländischen Wurzeln erschwert oder im Einzelfall auch unmöglich würde, sagte die Sprecherin. Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte stünden in Europa nicht zur Disposition. »Diese Werte sind die Grundlage der Europäischen Union«, unterstrich Demmer.
Daran habe auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede vor dem EU-Parlament erinnert. Er hatte am Mittwoch in Straßburg betont, Europa dürfe nicht schweigen, wenn der Zivilgesellschaft und selbst der Wissenschaft »die Luft zum Atmen genommen« werden solle.
Demmer bekräftigte, Deutschland werde die Auswirkungen des neuen Gesetzes auf die Hochschullandschaft in Ungarn und die damit verbundenen Entwicklungen sehr aufmerksam beobachten. »Die Bundesregierung hofft natürlich, dass der Lehrbetrieb an der Central European University weitergeführt werden kann.«
Die internationale Privatuniversität Central European University (CEU) in Budapest wurde 1991 von dem ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros gegründet. Sie bietet Postgraduierten-Programme in den Bereichen Geistes- und Sozialwissenschaften, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie in Mathematik an. Unterrichtssprache ist Englisch. Mit verschiedenen deutschen Universitäten bestehen Kooperationsvereinbarungen.

Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt besuchte Ungarn
Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt besuchte zwischen 25. und 27. April Ungarn. Anlass des Besuchs war die Teilnahme an der Eröffnung der Ausstellung IGE-IDŐK im Nationalmuseum. Am ersten Tag des dreitägigen Besuchs traf MP Haseloff Vertreter der ungarischen Zivilgesellschaften und führte ein interessantes Gespräch mit Studenten der Andrássy Gyula Universität über die Zukunft Europas.
Teile seines Programms waren noch wichtige politische Termine mit Ministerpräsidenten Orbán, sowie Außenminister Szijjártó und Minister Balog. Am Ende des Besuchs führte MP Haseloff noch ein ausführliches Gespräch mit dem Präsidium der Deutsch-Ungarischen Handelskammer sowie Vertretern der ungarischen evangelischen Kirche.
Im Rahmen des Besuchsprogrammes organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung am 26. April gemeinsam mit der deutschsprachigen Andrássy Universität Budapest (AUB) eine Diskussionsveranstaltung mit Studierenden zum Thema »Europäische Herausforderungen: Deutschland und Ungarn im Dialog«. Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Ulrich Schlie, Inhaber des Lehrstuhls für Diplomatie an der Andrássy Universität Budapest, leitete Dr. Reiner Haseloff, die Diskussionsveranstaltung mit den Studierenden mit einigen einführenden Bemerkungen ein. Es moderierte Dalma Bodolay, Altstipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die politischen und kulturellen Beziehungen zwischen Ungarn und Sachsen-Anhalt, dass Kernland der Reformation, gehe auf das Mittelalter zurück, betonte der Ministerpräsident. Zur Frage nach möglichen politischen Konsequenzen der Präsidentschaftswahlen in Holland und Frankreich erklärte Haseloff, dass die niederländische Regierung als proeuropäisch gelte und die Vertiefung der Integration nachhaltig unterstütze. Er betonte weiter, dass die Zukunft der Europäischen Union erheblich von der Präsidentschaftswahl in Frankreich beeinflusst werden könnte, da sich ein beachtlicher Teil der Wähler im ersten Wahlgang sich für ein zurückhaltendes Verhalten gegenüber den europäischen Institutionen entschieden hätte. Die Demokratie sei in Europa gefährdet, »weil es keinen Wertekonsens gibt«, so Haseloff. Für ihn stehe das Kommunikationsproblem im Mittelpunkt: »wir brauchen eine größere Flexibilität, um Konflikte zu steuern«. Außerdem betonte Haseloff, dass der Aufbau der Demokratie eine dauerhafte Verantwortung sei. Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, wies in seinem Schlusswort darauf hin, dass die Andrássy Universität Budapest nicht nur ein langjähriger Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung sei, sondern auch ein wichtiges Symbol der deutschungarischen Beziehungen. Die Diskussionsatmosphäre war sehr offen und bisweilen auch kritisch, was von den Teilnehmern sehr positiv bewertet wurde. An dem Gedankenaustausch nahmen sechs Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung teil. Im Rahmen seines Besuchsprogramms nahm der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zusammen mit dem Minister für Humanressourcen, Zoltan Balog, anlässlich des Reformationsjubiläums im Ungarischen Nationalmuseum an einem Rundtisch gespräch mit dem Titel »Politik und Glaubensbekenntnis« sowie an der feierliche Eröffnung einer Ausstellung über die Auswirkungen der Reformation in Ungarn teil.

Konjunkturbericht 2017
Zum 23. Mal befragte die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (DUIHK) ihre Mitgliedsunternehmen und andere ausländische Investoren zur wirtschaftlichen Lage und zu den Standortbedingungen in Ungarn. Die Ergebnisse der diesjährigen Umfrage wurden am 12. April 2017 vorgestellt. Diese sind sowohl hinsichtlich der Konjunkturlage als auch in vielen Bereichen der Standortqualität besser als 2016, sehr ernste Sorgen bereitet allerdings der akute Fachkräftemangel.
»Es ist erfreulich, dass die Unternehmen in Bereichen wie der Verwaltung, des Steuersystems oder der Rechtssicherheit Fortschritte sehen«, sagte Dale A. Martin, Präsident der DUIHK bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse. »Allerdings überwiegen in diesen Fragen trotz der Verbesserungen noch immer kritische Stimmen, und auch im Vergleich mit anderen Ländern der Region ist die Zufriedenheit in Ungarn meist noch deutlich entfernt von den Spitzenreitern. Deshalb möchten wir die Wirtschaftspolitik bestärken, Bemühungen zur Verbesserung der Berechenbarkeit, der Transparenz oder des Bürokratieabbaus konsequent fortzusetzen«, so Martin.
Martin wies zugleich darauf hin, dass die Investoren von einem ernsten Mangel an Fachkräften berichteten. »Diese Tendenzen bringen nicht nur den Firmen geschäftliche Nachteile, sondern können mittelfristig auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene negativen Einfluss auf das Wachstum haben und ggf. sogar geplante Investitionen gefährden«, erklärte der Präsident.
Er betonte, dass neben kurzfristigen Maßnahmen der Unternehmen langfristig orientierte Lösungen gefunden werden müssen, z. B. durch die Einbeziehung weiterer Gruppen in den aktiven Arbeitsmarkt, aber auch durch betriebliche Qualifizierung und eine weitere Verbesserung der Ausbildungssysteme. Die DUIHK widme sich daher in diesem Jahr im Rahmen ihres Jahresthemas »Fachkräftesicherung« verstärkt konkreten Projekten, die den Unternehmen in diesen Fragen praktische Unterstützung bieten.
István Lepsényi, Staatssekretär für Wirtschaftsentwicklung und -regulierung im ungarischen Ministerium für Nationale Wirtschaft sagte bei der Vorstellung: »Für uns sind die Meinungen und das Feedback der hier tätigen Unternehmen, und insbesondere der hier tätigen deutschen Unternehmen, außerordentlich wichtig.« Der Staatssekretär stellte ausführlich die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft im vergangenen Jahr und die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung dar. In diesem Zusammenhang stellte er fest: »Einen beträchtlichen Anteil an den erreichten Ergebnissen haben jene deutschen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren ihre Produktion in Ungarn kontinuierlich erweitert haben.«

Daniel Brühl wird Kulturbotschafter

Der Schauspieler Daniel Brühl wurde am 27. April in der Deutschen Botschaft Budapest zum Botschafter für den deutschen Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 ernannt. Da Daniel Brühl sich derzeit über längere Zeit zu Dreharbeiten in Budapest aufhält, erfolgte die Übergabe der Urkunde durch den Leiter der Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Dr. Uwe Koch, in der deutschen Botschaft Budapest.
Nach einer kurzen Einführung zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 durch Dr. Uwe Koch betonte Claudia Walpuski, Leiterin des Pressereferats der Botschaft, in einem Grußwort die Bedeutung des europäischen Kulturerbes für das Zusammenwachsen Europas. Dies sei besonders angesichts der vielen euroskeptischen Stimmen in verschiedenen Ländern Europas von großer Bedeutung. Daniel Brühl erklärte, er freue sich auf die bevorstehende Aufgabe, seine deutsch-spanische Herkunft und Familienbande verkörperten bereits die Grundidee des Europäischen Kulturerbejahres: das Kennenlernen des Anderen und das Aufspüren von Gemeinsamkeiten.
Das Europäische Kulturerbejahr 2018 will unter dem Motto SHARING HERITAGE das Bewusstsein für die europäische Geschichte und die europäischen Werte schärfen und dadurch das Gefühl einer gemeinsamen europäischen Identität stärken. Europa soll so weniger als fern und abgehoben, sondern als Teil des gesellschaftlichen Lebens wahrgenommen werden. Dabei stehen die verbindenden Elemente des europäischen Kulturerbes im Vordergrund.
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