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Zum Feierabend

Wiedergefunden nach 71 Jahren

Eine Geschichte aus Kemend (Máriakéménd)
Wiedergefunden nach 71 Jahren
Klassenfoto der 1. und 2. Klasse in Máriakéménd aus dem Jahr 1943. In der zweiten Reihe die von rechts ist Anna, die fünfte Elsa.
Foto: Elsa Koch
Von Elsa Koch

Von der Schule in Máriakéménd bis zur Kreuzung in der Hauptstraße hatten Anna und Elsa denselben Heimweg. Die zwei kleinen Mädchen, Drittklässler, verabschiedeten sich und Anna ging geradeaus in die »Krowoddegass« und Elsa nach links, in den »Hechwald«. So geschah es auch am Freitag, den 17. November 1944. Unbeschwert und nicht ahnend, dass dies der letzte gemeinsame Heimweg von der Schule ist, nicht ahnend, dass sich morgen alles ändern wird und nichts mehr ist wie bisher und dass sie sich erst nach 71 Jahren wieder sehen würden. Geboren wurden beide Mädchen 1935 in Máriakéménd in Südungarn und dort haben sie bis zu ihrem 9. Lebensjahr ihre Kindheit verbracht. Im September 1942 wurden sie eingeschult, saßen in der Schule nebeneinander und haben sich gut verstanden. Plötzlich, von einem Tag zum andern, trennten sich ihre Wege und sie hörten jahrzehntelang nichts mehr voneinander.

Kemend, wie das heutige Máriakéménd früher genannt wurde, wurde erstmals im Jahre 1015 erwähnt, als es König Stefan der Pécsvárader Benediktinerabtei schenkte. Nach der 150jährigen türkischen Herrschaft über Ungarn war das Land total verwüstet, verödet und menschenleer, deshalb wurden deutsche Siedler angeworben. Im Jahre 1720 wurden in Kemend die ersten Siedler aus Deutschland vermerkt. Die deutschen Einwanderer ließen sich in der Deutschen Gasse nieder, die heutige Hauptstraße. In den ersten Jahren der Ansiedlung wurde leider noch nicht vermerkt wo die deutschen Siedler herkamen. In einer alten Steuerliste von 1752, in welcher die Kolonisten der Gemeinde Kemend aufgeführt sind, sind 22 Herkunftsorte genannt, davon sind 18 aus der Umgebung von Fulda. Der Máriakéménder Dialekt klingt hessisch-fränkisch. Es sind noch Dokumente vorhanden, die beweisen, dass zwischen der Abtei Pécsvárad und dem Stift Fulda gute Beziehungen bestanden und so weiß man, dass die Siedler aus der Fuldaer Gegend stammen. Meine Vorfahren, ein Johannes Gunderlach und seine Frau Elisabeth sind im Jahre 1748 in Máriakéménd zugewandert, u. zw. nachweislich aus Wildflecken bei Fulda. Bei meinen Nachforschungen habe ich herausgefunden, dass Johannes Gunderlach noch vier Brüder hatte, wovon sich bereits zwei vor ihm in Máriakéménd angesiedelt hatten. Máriakéménd liegt im Komitat, d. h. im Kreis Baranya, im Hügelland jenseits der Donau zwischen der Stadt Pécs und Mohács. Die Baranya wird auch die schwäbische Türkei genannt, da dieses Gebiet unmittelbar nach Vertreibung der Türken von deutschen Einwanderern besiedelt wurde und diese von Ulm, also von Schwaben aus, mit der »Ulmer Schachtel« nach Ungarn gefahren sind. Die deutschen Siedler machten mit deutschem Fleiß die Baranya zu dem blühendsten Gebiet des Landes. Die Baranya war die größte deutsche Sprachinsel in Ungarn.

Unser Dorf war weit über die Baranya hinaus bekannt als Wallfahrtsort und auch für den guten Weißwein und die schöne Máriakéménder Kellerreihe. Doch nach dem Krieg hat sich schlagartig alles geändert. Die Bewohner des Dorfes Máriakéménd wurden total ausgetauscht. Die fleißigen deutschen Bewohner wurden vertrieben und die neuen Ansiedler hatten vom Weinbau und von der Landwirtschaft keine Ahnung. Das schöne Dorf und die Landschaft verfielen in einen trostlosen Zustand. Heute sind bereits viele Häuser eingefallen und von den Weinkellern stehen nur noch ganz wenige.

Die Máriakéménder wurden auseinandergerissen, in alle Winde zerstreut. Die Sehnsucht nach der Gemeinsamkeit, der Dorfgemeinschaft, den alten Bekannten, der Verwandtschaft, den Freunden, den Schulkameraden und den alten Bräuchen war bei allen sehr groß. Anfang der 80er Jahre fanden einige ehemalige Máriakéménder den Mut, haben sich zusammengetan und ein Klassentreffen, bzw. Jahrgangstreffen organisiert, u. zw. in der alten Heimat. Dies war ein großer Erfolg. Das Wiedersehen nach so vielen Jahren und der Aufenthalt im Ort und vor allem in der Kellerreihe waren Momente des Glücks. [...]
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