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Zum Feierabend

Wudersch (Budaörs) vor 70 Jahren

Wudersch (Budaörs) vor 70 Jahren
Historischer Blick auf Wudersch (Budaörs)
Foto: Jakob Posch
Zum Gedenken möchte ich heute mit dem Abdruck des nächsten Teils vom Bericht aus den alten Unterlagen von Theresia Noack † an diese schreckliche Zeit erinnern.

Von Jakob Posch

Der schöne Monat Mai, auch Wonnemonat genannt, begann mit seinem milden Klima. Ringsum in den Gärten und Weinbergen fing es an zu blühen und zu grünen, wie in jedem Jahr. Nur die Menschen in Wudersch nahmen die Schönheit der Natur gar nicht wahr. Der Maikiritog, auf den wir uns immer so freuten, und all das Schöne war für uns vorbei. Alle Festlichkeiten, Bräuche und Sitten haben sie uns genommen. Es herrschte Angst und Verzweiflung. Aber dabei immer noch die Hoffnung, dass es wieder so werden würde, wie es einmal war. Dass unsere Gefangenen und vermissten Männer wieder heimkommen würden. Die Hoffnung erhält den Menschen am Leben.

Im April und Mai 1945 sickerte durch, dass die Verwundeten in den Burgstollen lagen, darunter auch Budaörser. Dann ging das fieberhafte Suchen der Frauen und Mütter um ihre Männer und Söhne los, auch etliche Namen wurden genannt. Die Gemeinde hatte mehrere Wägen zur Verfügung gestellt, nach Anordnung unseres Richters Weber, um die Verwundeten abzuholen.

Meine Mutter hatte mehrere Frauen und Mädchen angesprochen, um Zivilkleidung und etwas Essen zusammen zu suchen. Sie gingen dann in die Burgstollen. Es war nicht ungefährlich für die Frauen, an den Wachen vorbeizukommen. Einige Schwabenbuben vom Ofner Bergland, die sich in der Gegend auskannten und nur leicht verwundet waren, gelang es so, mit der Zivilkleidung unbemerkt nach Hause zu kommen. Es waren leider nur einige Wenige, die aus den Stollen entkamen. Den vielen Verwundeten, die in den Burgstollen waren, konnten sie nicht helfen, diese mussten dort elendig zu Grunde gehen.

Die Budaörser Frauen und Mütter brachten ihre verwundeten Männer aus den Stollen, aus dieser Hölle heraus. Der Vater der Ertl-Geschwister, Ertl Motzivetter war dabei. Er verstarb aber noch daheim aufgrund seiner Verwundungen. Auch Deininger Hansivetter wurde von seiner Frau geholt. Er verstarb im hohen Alter in Wertheim. Die anderen Namen der Budaörser, die noch aus den Stollen herauskamen weiß ich nicht mehr.

Die Budaörser versuchten den Fronleichnam, diesen einst so schönen Tag, im Juni 1945 einigermaßen schön zu gestalten und den langen Blumenteppich auf traditionelle Weise zu anzufertigen. Die Blumenwegerl waren etwas schmäler als gewohnt geraten. Man traute sich nicht mehr, in die freie Natur zu gehen, um Blumen zu pflücken, denn überall waren Polizisten und fingen die Leute ein.

Die Prozession ging von der Kirche aus ihren gewohnten Gang und bei den vier Altären wurde wie auch auf dem ganzen Weg gebetet und gesungen. Plötzlich wurde die Menschenmenge von AVO-Angehörigen eingekreist. Die Menschen wurden unruhig, denn sie wussten, was es bedeutete. Es war eine Razzia, um Menschen einzufangen. Hess Franz erzählte mir, dass er und ein Freund die Gelegenheit abgewartet hätten, um aus der Menschenmenge auszubrechen. Die Gelegenheit ergab sich beim Tischler Kruck. Da sind beide durch den Hof gerannt, kamen in der Elektrischenstraße (Kossuth Lajos utca) raus, wo Franz ja gleich zu Hause war.

Langsam hat die AVO unauffällig Menschen einzeln aus der Menge herausgeholt und in Räume eingesperrt. Als dann die Prozession in der Kirche endete und die Leute nach dem Lied »Großer Gott wir loben Dich« die Kirche verließen, hat die Polizei wieder einige der Menschen wahllos verhaftet und mitgenommen. Das war das letzte Fronleichnamsfest daheim. Dieses schreckliche Geschehen werden die Menschen, die es erlebt haben, nie vergessen. Theresia Noack (Herzog Res)
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