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Zum Feierabend

Kindheit in der Fremde

Die »Fremde« wird langsam zur »Neuen Heimat« (2)
Kindheit in der Fremde
Luftaufnahme des Zentrums von Hüttlingen 1957
Von Johann Wachtelschneider

In der vierten Klasse der Grundschule bekamen wir einen netten jungen, sehr engagierten Lehrer, Herrn Vogt. Er hatte in der Endphase des Krieges seinen kompletten linken Arm verloren und trug noch keine Prothese. Der linke Ärmel seiner Jacken war immer mit einer Nadel am Revers befestigt. Wir knapp Zehnjährigen waren zunächst über diesen Anblick schockiert, wunderten uns aber, dass er trotz dieses schlimmen Verlustes immer gut gelaunt und zu uns allen sehr freundlich und liebevoll war. Wir haben ihn immer wieder gefragt, wie ihm dies passieren konnte. Er ging aber nie auf die Einzelheiten seiner Verletzung ein und sagte uns immer nur: »Kinder, Krieg ist das Schlimmste, was es gibt, und im Krieg kann alles passieren. Ich bin froh, dass ich ihn überlebt habe und euch hier unterrichten darf.«

Herr Vogt war ein sehr sportlicher Typ und der Fußball hatte es ihm besonders angetan. Wir, vor allen die »Flüchtlingsbuben «, waren natürlich auch alle vom »Kicken« infiziert. Im Sportunterricht stand neben dem Boden- und Geräteturnen und der Laufschulung immer wieder Fußball auf dem Programm. Er warf aber nicht nur den Ball aufs Feld und ließ uns spielen. Bei ihm gab es bereits ein Übungsprogramm mit den wichtigsten fußballerischen Techniken. Erst nach diesen Einheiten wurde gespielt und auch er war mit großem Eifer dabei und zeigte uns Buben, dass er ein ganz guter Fußballer war und trotz seines Handicaps uns manches zeigen konnte. Nebenbei erzählter er uns, dass er während seiner Ausbildung in der Auswahl der Lehrerbildungsanstalt (heute Pädagogische Hochschule) Schwäbisch Gmünd oft zum Einsatz kam.

Neben dem Sportunterricht förderte er uns mit großem Engagement in allen anderen Fächern sehr stark, so dass die ganze Klasse ein hohes Leistungsniveau erreichte. Auch alle »Flüchtlingskinder« waren jetzt in den Deutschfächern an der Leistungsspitze angelangt. Öffentlich sprach keines mehr den heimatlichen Dialekt, obwohl er zu Hause in den Familien immer noch gepflegt wurde, konnten sich die meisten Eltern mit dem »Schwäbischen« nicht arrangieren – man merkt es den wenigen Eltern, die heute noch leben, immer noch an, dass sie nicht von »hier« sind.

Nun nochmals zurück zur damaligen Schulsituation. Von unseren 42 Schülerinnen und Schülern hatte bestimmt die Hälfte das Leistungsniveau erreicht, um eine weiterführende Schule zu besuchen. Doch was geschah? Kein Kind wechselte auf eine Realschule oder ein Gymnasium. Warum? Im ganzen Altkreis Aalen gab es 1950 keine einzige Mittel- oder Realschule. Das Schubart-Gymnasium in Aalen war die einzige höhere Bildungsanstalt neben dem Peutinger-Gymnasium in Ellwangen. Beide Einrichtungen waren damals nur einzügig und wurden nur von Kindern der damaligen »Eliten« besucht. Dort anzukommen war für uns geradezu unmöglich, auch wegen der bescheidenen finanziellen Möglichkeiten unserer Eltern. Werbung in der Grundschule gab es nicht, und sie war wahrscheinlich politisch auch nicht gewollt, brauchte man doch für den Aufbau des Landes hauptsächlich Handwerker für den sich entwickelnden Mittelstand, vor allem in der boomenden Baubranche. Daneben sollten Facharbeiter für die aufstrebenden Industriebetriebe herangebildet werden, denn der Krieg hatte hier große Lücken hinterlassen. Also blieben wir alle in der Volksschule und mussten unsere Potenziale für später konservieren. [...]
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