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Zum Feierabend

Die Evakuierung Soroksárs 1944 (3. Teil)

Die Evakuierung Soroksárs 1944 (3. Teil)
Der Hochaltar der Kirche in Tschawal (Csávoly) im Süden Ungarns
Foto: József Gaugesz
Ein übergebener geräucherter Schinken (war letzter Großvorrat!) und die Hartnäckigkeit meiner Großmutter brachten den Dentisten endlich so weit, dass er sich des ungewöhnlichen Falles annahm. Er kam täglich zu uns in die Wohnung und desinfizierte mit einfachsten Mitteln den Wundkanal in Vaters rechter Gesichtshälfte.

Vater war noch sehr schwach, hatte er doch einen enormen Blutverlust erlitten, und es dauerte eine geraume Zeit bis er sich so weit erholt hatte, dass er auf den Weg der Besserung kam. Die Wunde heilte langsam, doch Vater geriet in einen depressiven Zustand, der lange anhielt.

Die allgemeine Lage in der Stadt war noch keineswegs geklärt oder hatte sich normalisiert, da sich Teile der deutschen Verteidigungstruppen im Burgviertel von Budapest verschanzt hatten. Die Kampfhandlungen hielten an, und die Rote Armee beschoss die Verteidiger auf der Burg pausenlos von allen Seiten – auch von der Pester Seite, auf der wir uns befanden. Einige Ausbruchversuche der Verteidiger scheiterten und schließlich mussten sich die Resttruppen aus Deutschen und Ungarn den Sowjets ergeben. Damit war die ganze Stadt besetzt und das Leben in der Stadt begann sich langsam zu normalisieren, wenn man das so bezeichnen konnte!

Die Stadt war gezeichnet von schweren Zerstörungen und in ihr herrschte Not und Mangel in allen Bereichen. Wir konnten uns mit unseren mitgebrachten Vorräten noch relativ gut versorgen. Nachdem dies aber bei unseren Mitbewohnern bekannt wurde, war Teilen angesagt. Dies ging dann so weit, dass Großvater nach äußerstem Widerstand endlich bereit war, sein mitgebrachtes Pferd, den braven »Bandi«, zum Schlachten herzugeben. Der Druck auf ihn war so groß geworden, dass er letztendlich verzweifelt nachgeben musste.

Vater machte bei seiner Genesung Fortschritte und wurde jetzt von einem Arzt versorgt, natürlich nur gegen Naturalien, denn Geld hatte in der derzeitigen Situation in Budapest seinen Wert verloren. Der Mediziner machte Vater aber bald klar, dass er ohne einige operative Eingriffe enorme Probleme im Alltag bekommen würde. So sei die Einpassung eines Glasauges ohne eine vorhergehende Operation nicht möglich. Auch müsse der zerfetzte Tränenkanal reguliert werden. Dies alles könne aber in der momentanen Situation nicht verwirklicht werden. Erst wenn die allgemeine Lage und vor allem die medizinische Arbeit und Versorgung wieder gewährleistet sei, könnte man bei ihm diese erforderlichen Maßnahmen durchführen! Vater ahnte damals noch nicht, dass erst nach fast eineinhalb Jahren die notwendigen Operationen und Behandlungen in einer schwäbischen Spezialklinik in Stetten im Remstal durchgeführt werden konnten! Hier hatte seine »Augenklappe« auch ausgedient, und er bekam auch hier seine erstes Glasauge. Dieses kaschierte das Fehlen seines natürlichen Auges ganz gut und Vater fühlte sich daraufhin wieder ganz gut und kam auch mit der Handhabung der »Prothese« bald ganz gut zurecht.

Ende März sollte die Rückführung der Bevölkerung nach Soroksár anlaufen. Die evakuierten Bewohner der deutschen Vorstadt gerieten in große Unruhe und es kursierten die wildesten Gerüchte in der Hauptstadt.

Einige ganz mutige Bewohner unserer Großgemeinde hatten sich bereits Wochen vorher heimlich »nach Hause« durchgeschlagen und sich dort umgesehen. Sie brachten keine gute Kunde: Die Häuser seien alle geplündert worden, die Hoftoren stünden offen, sowjetisches Militär, zumeist Trosseinheiten, hätte sich in die Häuser einquartiert. In den Kellern und vor allem auch in den Gaststätten unserer Gemeinde sehe es sehr »schlimm« aus! Alle Vorräte seien aufgebraucht bzw. vernichtet, und auch die eingelagerten Weine und Spirituosen seien konsumiert oder abtransportiert worden. Wenn man bedenkt, dass es in unserer Gemeinde 36 Schankwirtschaften gegeben hat, kann man sich in etwa vorstellen, wie die an Entbehrungen gewohnte Rote Armee hier »gelebt und gefeiert« hat! Auch wir sollten bald feststellen können, was aus unserm schönen Soroksár geworden war. [...]
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