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Rückblick

Pfingsttreffen in Ragendorf (Rajka)

Pfingsttreffen in Ragendorf (Rajka)
Flötengruppe in der Kirche in Ragendorf (Rajka)
Foto: Martin Hoffmann
Die Pfingsttage waren in diesem Jahr wieder im Familienkalender reserviert – wie in den Jahren zuvor und wie in den nächsten Jahren auch – wahrscheinlich. Niemand weiß, wie lange das noch so sein wird.

Bis vor vier Jahren fuhr mein Vater an Pfingsten noch selbst. Damals war er 85 Jahre alt und die 600 km Autobahnkilometer bis zu seinem Heimatort Ragendorf (Rajka) fielen ihm noch nicht allzu schwer.

Man sagt, dass in den 1960er Jahren an Pfingsten deutsche Busse mit über hundert vertriebenen Ragendorfern in ihrem ehemaligen Heimatort zusammenkamen, um dort bei einem Wiedersehen alte Zeiten und Erinnerungen aufleben zu lassen. In diesem Jahr 2014 waren es noch zwei: mein Vater Heinrich Hoffmann (geb. 1925) und Matthias Heiligen (geb. 1929). Sie kommen immer noch jedes Jahr am Pfingstensonntag in die alte Heimat, weil Pfarrer Hanns Schrödl, der selbst aus Kaltenstein stammt, seit Jahrzehnten in seinem früheren Nachbardorf für alle Ragendorfer-Vertriebenen einen deutschen Gottesdienst in der evangelischen Kirche von Ragendorf hält. Es ist sehr bewegend mitzuerleben, mit wie viel persönlicher Hingabe und Überzeugung Hanns Schrödl diese Gottesdienste gestaltet und welche Anstrengungen er selbst auf sich nimmt, um an diesem Tag in Ragendorf sein zu können. Ihm ist es wichtig für die letzten Vertriebenen, die sich noch selbst auf den Weg machen können, ein Signal des Zusammenhalts, der Wertschätzung und des Nicht-Vergessenseins zu setzen.

In diesem Jahr wurde, trotz der naturgemäß immer geringer werdenden Teilnahme, dem Thema der Vertreibung am Pfingstsonntag eine bisher noch nie da gewesene politische und mediale Aufmerksamkeit geschenkt. Auf Einladung der kleinen deutschen Ortsgruppe in Rajka, nahmen am Gottesdienst in der evangelischen Kirche mehrere Bürgermeister der umliegenden Gemeinden teil und sogar Journalisten eines Lokalfernsehsenders aus Ungarisch-Altenburg (Monsonmagyaróvár) waren anwesend, um von diesem Gedenkgottesdienst zu berichten. Im Anschluss an den Gottesdienst wurde von einer Gruppe Schüler ein deutsches Volkslied mehrstimmig mit Flöten dargeboten und ein deutsches Gedicht über die Vertreibung vorgetragen. Die deutsche Ortsgruppe legte einen Kranz vor einer Gedenktafel der Kirche nieder und ein ungarisches Heimatlied wurde gesungen. Gemeinsam wurde dann bei der anschließenden Gedenkfeier am Kriegerdenkmal der Toten der Weltkriege gedacht.

Man merkt, es gibt einen Wandel im Denken und in der Akzeptanz der Geschichte unter der ungarischen Bevölkerung und in der Politik. Vielleicht haben die über vielen Jahrzehnte stattgefundenen Heimattreffen auch einen kleinen Beitrag dazu geleistet, da sie den Menschen gezeigt haben, wie wichtig ein Zusammenhalt bei Schicksalsschlägen wie der Vertreibung und wie wichtig die Erinnerungen an geschichtliche Ereignisse sind.

Als Sohn bekam ich schon von Kindesbeinen an mit, welch große Bedeutung die alte Heimat für meinen Vater hat, die Heimat aus der er mit 19 Jahren im Jahre 1944 in den Krieg ziehen musste und aus der zwei Jahre später seine Mutter mit ein paar Habseligkeiten vertrieben wurde, während kurz zuvor mein Großvater dort nach der Zwangsinternierung starb.

Natürlich merke ich bei einem Besuch in Ragendorf und in Gesprächen, wie schmerzhaft manche Erinnerungen für meinen Vater sind. Aber in all der Zeit habe ich nie etwas von Hass oder Vergeltungswünschen in seinen Worten gehört. Versöhnung und das Nichtvergessen waren und bleiben die wichtigsten Ziele für die Zukunft – auch dann, wenn einmal kein alter Ragendorfer an Pfingsten »nach Hause« kommt.
Martin Hoffmann
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