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Zum Feierabend

Das Leben nach der Evakuierung aus Sorokdár normalisiert sich langsam

von Johann Wachtelschneider
In dieser sich entspannenden Lage wagte es Großvater, an unseren einquartierten Offizier eine Bitte heranzutragen. Dies geschah über einen deutschsprechenden einfachen Soldaten, der oft in unserer Kommandatur–Außenstelle auftauchte. Großvater beklagte das Fehlen eines Zugtieres, eines Pferdes für die anstehende Feldbestellung. Unser russischer Hausgenosse versprach, diesen Mangel zu beheben – er werde bald schon ein Pferd für uns organisieren! An einem der nächsten Tage war es so weit, und ein etwas heruntergekommener Gaul stand in unserem Hof. Die Männer unserer Familie bedankten sich herzlich bei den Sowjets. Man war sich also schon ziemlich nahe gekommen, und auch die Russen hatten unsere Nöte verstanden.

Großvater erzählte später immer wieder, auch als wir schon nach der Vertreibung in Deutschland angekommen waren, von diesen holprigen Gesprächen mit »unserem« Offizier. Humorig kam immer wieder die Geschichte herüber von der Feststellung der Russen, das »diese« Germanskis schon in Ordnung wären, aber »nix Kultura!!« hätten. Davon war dieser, sicher gebildete Mann, absolut überzeugt. Heute, im Nachhinein, weiß man, was tägliche Propaganda für Früchte tragen kann!!

Mit dem »geschenkten« Gaul hatte mein Opa Großes vor. Er wollte ihn mit exzellentem Futter wieder hochpäppeln und war dafür extra mit dem Fahrrad in unser ungarisches Nachbardorf Alsónémedi zum Haferkauf gefahren. Das Tier verkörperte doch in dieser Lage ein enormes Potenzial.

Bei der ersten »Testausfahrt« mit unserm neuen Pferd durfte ich ihn auf dem Kutschbock begleiten. Ziel war ein kleines Luzerne-Kleefeld auf einem Feldstück unserer Familie in der Nähe unseres Weingartens. Großvater begann zu mähen und ich schaute gelangweilt zu, das Pferd tat sich am jungen Klee gütlich. Als Großvater nach einiger Zeit aufgeladen hatte und bereits wegfahren wollte, passierte das Malheur: unter Krämpfen fiel das Pferd um und blieb liegen! Mein Opa versuchte immer wieder das Tier zum sich Aufrichten zu bewegen, doch seine Bemühungen hatten keinen Erfolg. Nun war in dieser Situation guter Rat teuer.

Wir schauten uns zunächst nach Nachbarsbauern um, die vielleicht in der Nähe tätig waren. Es war aber leider niemand zu entdecken. Uns blieb also nur übrig, den Heimweg zu Fuß anzutreten, um »Verstärkung« heranzuholen. Groß waren die Gesichter, als wir nach einer Stunde ohne Gespann in unserem Hof ankamen. Alle wollten wissen, ob vielleicht etwas Schlimmes passiert sei, ob russische Soldaten uns das Pferd gar weggenommen hätten?

Opa erzählte den tatsächlichen Vorfall, worauf sich auch bei den Daheimgebliebenen Familienmitgliedern Ratlosigkeit einstellte. Was hatten wir mit dem Gaul für einen seltenen »Fang« gemacht? Einige Nachbarn wurden mobilisiert und mit Fahrrädern fuhr der Hilfskonvoi zu besagtem Kleefeld.

Hier zeigte sich ein entspanntes, friedliches Bild. Unser neues Pferd hatte sich von seiner »Kolik« erholt, war alleine aufgestanden und futterte weiter am saftigen Klee.

Für unsere landwirtschaftliche und auch geschäftliche Zukunft taugte das Pferd aber nicht, denn immer wieder fiel das Tier um! Unser örtlicher Tierarzt diagnostizierte »Fallsucht«!!

Unser russischer Untermieter, ohne Mietzahlungen, bekam die Probleme um sein organisiertes Pferd auch mit und versprach meinem Großvater, ihm ein besseres Pferd zu beschaffen. Wie eine solche »Organisation« ablief kann man sich leicht vorstellen.

Eine Bedingung bat sich der Russe aber aus: Das Pferd sollte geschlachtet und das Fleisch an seine Soldaten verteilt werden. Für mich war der Tag der Schlachtung ein schlimmes Erlebnis und ich frage mich noch heute, warum man einen Fünfjährigen bei dieser grausamen Handlung zuschauen ließ. Grausam und unverständlich auch deshalb, weil ich das Pferd liebte, hatte mich Großvater doch oft auf ihm über den Hof reiten lassen … [...]
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